Arten mechanischer Kräfte

Bei einer mechanischen Kraft denkt man häufig an Muskelkraft oder die Kraft eines Motors; weitere mechanische Kräfte, für die es jeweils eigene Formeln als Rechengrundlage gibt, sind im folgenden Abschnitt näher beschrieben.

Gewichtskraft

Die Gewichtskraft eines Objekts ist diejenige Kraft, mit der es von der Erde angezogen wird.

fig-gewichtskraft

Die Richtung der Gewichtskraft auf der Erde.

Je größer die Masse eines Objekts ist, desto stärker wird es von der Erde angezogen. Bei einer größeren Masse ist allerdings auch eine größere Kraft nötig, um sie zu beschleunigen; ohne Luftwiderstand werden daher alle Objekte, die sich im freien Fall befinden, gleich schnell zum Erdmittelpunkt hin beschleunigt.

Formel:

Der Wert der Gewichtskraft F_{\mathrm{G}}, die ein Objekt der Masse m durch die Anziehungskraft eines Planeten erfährt, ist proportional zum so genannten Ortsfaktor \vec{g}:[1]

(1)\vec{F}_{\mathrm{G}} = m \cdot \vec{g}

Auf der Erdoberfläche gilt für den Ortsfaktor, wie sich aus dem allgemeinen Gravitationsgesetz ableiten lässt, näherungsweise g = |\vec{g}| =
\unit[9,81]{\frac{N}{kg}}.[2]

Beispiele:

  • Ein Objekt mit einer Masse von \unit[1,0]{kg} hat auf der Erde eine Gewichtskraft von

    F_{\mathrm{G, Erde}} = m \cdot g = \unit[1]{kg} \cdot
\unit[9,81]{\frac{N}{kg}} = \unit[9,81]{N}

  • Ein Objekt mit einer Masse von \unit[50]{kg} hat auf der Erde eine Gewichtskraft von

    F_{\mathrm{G, Erde}} = \unit[50]{kg} \cdot \unit[9,81]{\frac{N}{kg}} =
\unit[490,5]{N}

Das Gewicht eines Objekts ist nicht an allen Stellen auf der Erde exakt gleich, sondern hängt vom Ort ab, an dem es sich befindet:

  • Auf einem hohen Berg hat ein Objekt ein etwas geringeres Gewicht als in Höhe des Meeresspiegels.
  • An verschiedenen Stellen der Erde hat jedes Objekt – da die Erde keine ideale Kugelgestalt hat, sondern zu den Polen hin etwas „abgeflacht“ ist – ebenfalls ein geringfügig unterschiedliches Gewicht. Im Vergleich zu Mitteleuropa ist ein Objekt am Äquator etwas leichter, an den Polen etwas schwerer.
  • Auf dem Mond oder auf anderen Planeten hängt die Gewichtskraft, die ein Objekt erfährt, von der Masse des jeweiligen Himmelskörpers ab: Je schwerer ein Planet ist, desto größer ist die Anziehungskraft, die er auf andere Massen ausübt.
Ort Ortsfaktor in \unit[]{\frac{N}{kg}}
Äquator 9,78
Mitteleuropa 9,81
Pole der Erde 9,83
\unit[300]{km} über der Erde 8,96
\unit[40\, 000]{km} über der Erde 0,19
Mond der Erde 1,60
Venus 8,87
Mars 3,69
Merkur 3,70
Jupiter 24,79
Saturn 10,44
Sonne 274

Auf dem Mond hat ein Objekt der Masse \unit[1]{kg} eine Gewichtskraft von

F_{\mathrm{G, Mond}} = \unit[1]{kg} \cdot
\unit[1,62]{\frac{N}{kg}} = \unit[1,62]{N}

Auf der Sonne erfährt ein Objekt der Masse \unit[1]{kg} eine Gewichtskraft von

F_{\mathrm{G, Sonne}} = \unit[1]{kg} \cdot \unit[274]{\frac{N}{kg}} =
\unit[274]{N}

Im Universum haben Objekte also überall die gleiche Masse, jedoch nicht das gleiche Gewicht.

Reibungskraft

Erfahrungsgemäß kommt jedes bewegte Objekt, das nicht angetrieben wird, nach einer gewissen Zeit zur Ruhe. Da seine Geschwindigkeit abnimmt, muss eine bremsende Kraft wirken. Eine derartige Kraft nennt man Reibungskraft F_{\mathrm{R}}.

Reibungskräfte treten immer auf, wenn sich Objekte berühren und gegeneinander bewegen. Ursache dafür sind die unebenen Oberflächen der Objekte und Kohäsionskräfte, die zwischen den Molekülen der aneinander reibenden Objekte wirken.

Haftreibung

Bei starker Vergrößerung gleicht selbst eine geschliffene Oberfläche einem kleinen Gebirge mit vielen Zacken und Spitzen. Haften zwei Objekte aneinander, so verhaken sich diese Spitzen ineinander. Versucht man die Objekte gegeneinander zu bewegen, so werden die Zacken etwas verformt; einer stärkeren Zugkraft wirkt eine stärkere Haftreibungskraft entgegen.

fig-haftreibung

Stark vergrößerte Darstellung der Oberfläche von gleitenden Körpern und Modelldarstellung der Haftreibung.

Je stärker zwei Objekte aneinander gepresst sind, desto stärker ist die maximale Haftreibungskraft (als anschauliches Beispiel kann man zwei Bürsten ineinander stecken und versuchen sie gegeneinander zu bewegen).

Formel:

Haften zwei Objekte aneinander, so ist der Betrag der maximalen Haftreibungskraft F_{\mathrm{R,Haft,max.}} proportional zu der Normalkraft F_{\perp}, die beide Körper aneinander presst:

F_{\mathrm{R,Haft,max.}} = \mu_{\mathrm{H}} \cdot F_{\perp}

Die Proportionalitätskonstante heißt Haftreibungszahl \mu_{\mathrm{H}} und hängt vom Stoff und von der Oberflächenbeschaffenheit der Objekte ab. Ist die angreifende Kraft größer als die maximale Haftreibungskraft, so beginnen die Objekte relativ zueinander zu gleiten.

Haft- und Gleitreibungszahlen einiger Materialien
Stoffpaar Haftreibungszahl \mu_{\mathrm{H}} Gleitreibungszahl \mu_{\mathrm{H}}
Holz auf Holz 0,5 \text{ bis } 0,6 0,2 \text{ bis } 0,4
Stahl auf Stahl 0,15 0,06
Stahl auf Eis 0,03 0,01
Autoreifen auf Beton (trocken) 1,00 0,60
Autoreifen auf Beton (nass) 0,50 0,30
Autoreifen auf Eis 0,10 0,05

Gleitreibung

Bewegen sich zwei Objekte gegeneinander, so schlittern die rauhen Oberflächen übereinander hinweg. Sie können sich – anders als bei der Haftreibung – nicht völlig ineinander verhaken.

fig-gleitreibung

Modelldarstellung der Gleitreibung.

Formel:

Die Gleitreibungskraft F_{\mathrm{R,Gleit}} hängt – wie auch die Haftreibungskraft – von der zusammenpressenden Gewichts- oder Normalkraft F_{\perp} und der Oberflächenbeschaffenheit der Objekte ab:

F_{\mathrm{R,Gleit}} = \mu_{\mathrm{G}} \cdot F_{\perp}

Die Gleitreibungszahl \mu_{\mathrm{G}} ist stets kleiner als die Haftreibungszahl \mu_{\mathrm{H}}.

Rollreibung

Rollt ein Objekt auf dem anderen entlang, so können die Unebenheiten der Oberflächen deutlich leichter überwunden werden. Die Rollreibungskraft ist bei gleicher zusammenpressender (Gewichts-)Kraft wesentlich kleiner als die Gleitreibungskraft.

fig-rollreibung

Stark vergrößerte Darstellung eines auf einer Unterlage abrollenden Rades und Modellvorstellung der Rollreibung.

Um unerwünschte Reibungskräfte zu verringern, verwendet man Schmiermittel (Fett, Öl). Dadurch wird der Raum zwischen den sich reibenden Flächen ausgefüllt, so dass sich die Unebenheiten der Körper nicht mehr so störend auswirken.

Rollreibungszahlen einiger Materialien
Stoffpaar Rollreibungszahl \mu_{\mathrm{R}}
Eisen auf Eisen \text{circa } 0,005
Kugeln im Kugellager \text{circa } 0,001

In sehr vielen Fällen sind Reibungskräfte allerdings unterlässlich: Ohne Reibungskräfte zwischen den Rädern von Fahrzeugen und der Straße wäre eine gezielte Fortbewegung unmöglich: Die Räder würden durchdrehen. Um ihnen vielmehr eine möglichst gute Straßenlage zu geben, werden die Reifen aus Spezialgummi gefertigt und mit Profilen versehen. Ohne Reibung wären auch Bremsen oder gar Klebstoffe unmöglich.

Strömungswiderstand

Bewegt sich ein Objekt durch ein flüssiges oder gasförmiges Medium, so muss es stets einen Strömungswiderstand (beispielsweise Luftwiderstand) überwinden. Hierbei hängt die Größe der Widerstandskraft von der Dichte \rho des durchquerten Mediums, der Querschnittsfläche A des Körpers, dem Quadrat seiner Geschwindigkeit v^2 sowie einem so genannten „Widerstandsbeiwert“ c_{\mathrm{w}} ab; letzterer gibt den Einfluss der Objektform an.

Beispielsweise gilt für die Luftwiderstandskraft F_{\mathrm{L}} näherungsweise folgende Formel:[3]

F_{\mathrm{L}} = \frac{1}{2} \cdot c_{\mathrm{w}} \cdot \rho_{\mathrm{L}}
\cdot A \cdot v^2

Bei üblichen Straßenfahrzeugen kann der Widerstandsbeiwert im optimalen Falle 0,09 betragen, bei Omnibusssen sind Werte bis zu 0,6 üblich.

Gegenstand c_{\mathrm{w}}-Wert
Halbkugel (konkav), Fallschirm 1,33
Rechteckige Platte 1,1 bis 1,3
Kreisförmige Platte 1,11
Mensch (stehend) 0,78
LKW 0,6 bis 0,9
Fahrradfahrer (Mountainbike) 0,5 bis 0,7
Kugel 0,25 bis 0,45
Halbkugel (konvex) 0,34
Tropfen (Stromlinienform) 0,02

Die Dichte der Luft beträgt unter Normalbedingungen \rho_{\mathrm{Luft}} =
\unit[1,29]{kg/m^3}. Für die Berechnung der Wasserwiderstandkraft muss mit der entsprechend höheren Dichte von Wasser (\rho_{\mathrm{Wasser}} =
\unit[1000]{kg/m^3}) gerechnet werden.

Spannkraft

Drückt man einen elastischen Gegenstand, beispielsweise eine Schraubenfeder, zusammen oder zieht ihn auseinander, so wirkt in ihm eine entgegengesetzt gerichtete Kraft, die ihn wieder auf ihre ursprüngliche Länge zurück zu formen versucht.

Formel:

Je weiter die Wegstrecke s ist, um die eine Schraubenfeder gestaucht oder gedehnt wird, desto stärker ist die rückstellende Spannkraft F_{\mathrm{S}} der Feder.

(2)\vec{F}_{\mathrm{S}} = - D \cdot \vec{s}

Die Federkonstante D ist dabei von der Form und dem Material der Feder beziehungsweise des elastischen Körpers abhängig. Die Federkonstante (und damit die Federhärte) einer Schraubenfeder ist beispielsweise umso größer, je dicker der Draht ist und je enger er gewickelt ist; sie wird im Allgemeinen in Newton je Meter (\unit{N/m}) angegeben.

Das Minuszeichen in Gleichung (2) bedeutet, dass die Richtung der Auslenkung der Feder s von ihrer Ruhelage der Richtung der Federkraft entgegengesetzt ist. Gleichung (2) wird zu Ehren ihres Entdeckers, Robert Hooke, auch als „Hookesches Gesetz“ bezeichnet.

Radialkraft

Ein Körper bewegt sich aufgrund seiner Masse stets entlang einer geradlinigen Bahn, wenn keine Kraft auf ihn einwirkt. Eine kreisförmige Bewegung ist somit nur möglich, wenn eine Kraft den Körper auf der Kreisbahn hält, also ihn kontinuierlich zum Kreismittelpunkt hin beschleunigt. Diese Kraft wird Radialkraft beziehungsweise Zentripetalkraft genannt.

Für den Betrag der Radialkraft gilt ebenfalls das Kraftgesetz F = m \cdot a. Mit der Radialbeschleunigung a = \frac{v^2}{r} folgt für die Radialkraft F_{\mathrm{rad}}:

F_{\mathrm{rad}} = m \cdot \frac{v^2}{r}

Befindet man sich als Beobachter selbst auf einer Kreisbahn, so nimmt man hingegen die entsprechende Gegenkraft („Zentrifugalkraft“) wahr. Sitzt man beispielsweise in einem Fahrzeug, das nach links lenkt, so scheint eine Kraft zu wirken, die den eigenen Körper zur rechten Seite hin beschleunigt (Scheinkraft). In Wirklichkeit versucht man sich aufgrund der Trägheit geradeaus zu bewegen und wird erst durch die zum Kreismittelpunkt hin wirkende Radialkraft auf die Kreisbahn gezwungen.

fig-zentrifuge

Modell einer einfachen Zentrifuge.

Technisch wird die Radialkraft beispielsweise in Zentrifugen genutzt. Dabei wird ein zu trennendes Gemisch an Substanzen, die sich beispielsweise in einem Reagenzglas befinden, in eine Kreisbewegung mit hoher Winkelgeschwindigkeit und kleinem Bahnradius versetzt. Das Stoffgemisch wird dabei gemäß seiner Dichte-Anteile aufgetrennt, die „schwereren“ Substanzen bewegen sich dabei aufgrund ihrer Trägheit nach außen und lagern sich so am Boden des rotierenden Gefäßes ab. Diese Schichtung bleibt auch nach einem Abschalten der Zentrifuge bestehen, da letztlich nichts anderes als ein Sedimentationsvorgang stattgefunden hat – nur ein sehr schneller. Die durch die Radialkraft bewirkte Radialbeschleunigung kann mit Zentrifugen beziehungsweise Ultrazentrifugen ein 100- bis 250\,000-faches der Erdbeschleunigung g betragen.


Anmerkungen:

[1]

Der Ortsfaktor g = \unit[9,81]{\frac{N}{kg}} =
\unit[9,81]{\frac{m}{s^2}} wird bisweilen auch als Erdbeschleunigung bezeichnet. Er gibt diejenige Beschleunigung an, die ein Körper im freien Fall in Erdnähe erfährt, sofern der Luftwiderstand vernachlässigbar ist. Die Gleichheit der Einheiten ergibt sich aus dem Newtonschen Kraftgesetz:

\unit{N} = \unit{kg \cdot \frac{m}{s^2}} \quad \Longleftrightarrow \quad
\unit{\frac{N}{kg}} = \unit{\frac{m}{s^2}}

Der Ortsfaktor kann somit einerseits als Beschleunigungs-Wert aufgefasst werden (wenn sich ein Objekt im freien Fall befindet) als auch als Umrechnungsfaktor zwischen der Masse m und der Gewichtskraft F_{\mathrm{G}}: \unit[1]{kg} \stackrel{\wedge}=
\unit[9,81]{N}.

[2]

Genau genommen ist die obige Formel eine Näherung für das allgemeine Gravitationsgesetz, wonach auf zwei Körper mit den Massen m_1 und m_2 stets eine anziehende Kraft F_{\mathrm{G}} wirkt. Ihr Betrag ist von den beiden Massen sowie vom Abstand r zwischen ihren Schwerpunkten abhängig:

F_{\mathrm{G}} = \gamma \cdot \frac{m_1 \cdot m_2}{r^2}

Dabei ist \gamma = \unit[6,67 \cdot 10^{-11}]{\frac{m^3}{kg \cdot
s^2}} die allgemeine Gravitationskonstante. Für die Gewichtskraft, die ein Körper in Nähe der Erdoberfläche erfährt, kann näherungsweise und r
\approx r_{\mathrm{E}} = \unit[6371]{km} gesetzt werden (der Abstand eines Gegenstands von der Erdoberfläche ist meist vernachlässigbar klein gegenüber dem Erdradius). Mit der Erdmasse m_{\mathrm{E}} = \unit[5,972 \cdot
10^{24}]{kg} kann der Ortsfaktor g somit folgendermaßen definiert werden:

g = \gamma \cdot \frac{m_{\mathrm{E}}}{r_{\mathrm{E}}^2} \, \approx \, \unit[9,81]{\frac{m}{s^2}}

Für die Gewichtskraft eines Körpers m auf der Erde gilt damit in guter Näherung:

F_{\mathrm{G}} = \gamma \cdot \frac{m \cdot m_{\mathrm{E}}}{r_{\mathrm{E}}^2}
\approx m \cdot g

[3]

Bei turbulenten Strömungen mit komplexen Luftverwirbelungen lässt sich der Luftwiderstand nicht mit Hilfe einer einzelnen Formel berechnen, sondern erfordert aufwendige Computer-Simulationen und numerische Verfahren.

Die Formel F_{\mathrm{LW}} = \frac{1}{2} \cdot \rho_{\mathrm{L}}
\cdot v^2 \cdot A \cdot c_{\mathrm{w}} lässt sich aus dem Zusammenhang F = p_{\mathrm{dyn}} \cdot A zwischen Kraft, dynamischem Druck und Fläche herleiten; der Luftwiderstandsbeiwert ist als reiner Zahlenwert lediglich ein zusätzlicher Gewichtungsfaktor.


Hinweis

Zu diesem Abschnitt gibt es Experimente und Übungsaufgaben.