Kreisförmige Bewegungen

Eine kreisförmige Bewegung ist die Bewegung eines Körpers auf einer Kreisbahn. Da einzelne Teile des Körpers dabei unterschiedlich lange Strecken zurücklegen, wird im Allgemeinen nur die Bewegung seines Schwerpunkts betrachtet.

fig-kreisbewegung-innenspur-aussenspur

Entlang einer Kreisbahn legen die Räder auf der Innen- und Außenspur unterschiedlich weite Strecken zurück.

Rotationen

Prinzipiell gibt es keinen Unterschied zwischen einer kreisförmigen Bewegung und einer Rotation. Im Sprachgebrauch bezeichnet man allerdings eine Bewegung als kreisförmig, wenn der Radius der Kreisbahn groß ist im Vergleich zu den Abmessungen des sich bewegenden Körpers; ist der Radius der kreisförmigen Bewegung hingegen in der gleichen Größenordnung wie die Länge des Körpers, so spricht man von einer Rotation.

Kreisförmige Bewegungen mit konstanter Geschwindigkeit

Bei einer gleichförmigen Kreisbewegung ändert sich ständig die Richtung, in die sich der Körper bewegt, jedoch nicht der Betrag seiner Geschwindigkeit. Eine volle Umdrehung entspricht dabei einem Winkel von 2 \cdot \pi =
360\degree, bei einer Umlaufbahn mit dem Radius r beträgt die dabei vom Körper zurückgelegte Strecke s = 2 \cdot \pi \cdot r.

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Die Spitzen eines Uhrzeigers durchlaufen eine Kreisbahn mit konstanter Geschwindigkeit.

Winkelgeschwindigkeit und Drehzahl

Bei einer kreisförmigen Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit überstreicht der Ortsvektor des Körpers – ausgehend vom Mittelpunkt der Kreisbewegung – in gleichen Zeitabschnitten einen jeweils gleichen Winkel.

Definition:

Die Winkelgeschwindigkeit (auch „Drehgeschwindigkeit“ oder „Kreisfrequenz“ genannt) \omega eines Körpers ist gleich dem Verhältnis aus dem durchlaufenen Winkel \Delta \varphi und der dazu benötigten Zeit \Delta t:

\omega = \frac{\Delta \varphi }{\Delta t}

Zur Bestimmung der Winkelgeschwindigkeit wird häufig eine komplette Umdrehung (\varphi = 360\degree = 2 \cdot \pi) in Relation zu der dafür benötigten Umlaufzeit T gesetzt:

(1)\omega = \frac{\Delta \varphi }{\Delta t} = \frac{2 \cdot \pi }{T}

Die Winkelgeschwindigkeit ist umso schneller, desto kleiner der Wert der Umlaufzeit T ist.

Einheit:

Die Winkelgeschwindigkeit \omega wird in Radiant je Sekunde (\unit{rad/s}) angegeben (\unit[1]{rad} \approx
57,3 \degree).

Die Winkelgeschwindigkeit ist, wie auch die Bahngeschwindigkeit, eine vektorielle Größe. Da bei einer gleichmäßigen Kreisbewegung die Winkelgeschwindigkeit konstant bleibt, existiert für diese nur eine mögliche Richtung, die ebenfalls unverändert bleibt, und zwar senkrecht zur Drehebene.

fig-winkelgeschwindigkeit

Richtung der Winkelgeschwindigkeit bei einer Rotation oder kreisförmigen Bewegung.

Als Merkregel für die Orientierung von \vec{\omega} kann die „Rechte-Hand-Regel“ genutzt werden: Zeigen die Finger der rechten Hand in Richtung der Drehbewegung, so zeigt der Daumen die Richtung der Winkelgeschwindigkeit an.

Neben der Winkelgeschwindigkeit wird bei Dreh- und Rotationsbewegungen häufig auch eine sogenannte „Drehzahl“ n angegeben, welche die Anzahl an vollständigen Umdrehungen je Zeiteinheit angibt. Zwischen der Drehzahl n und der Winkelgeschwindigkeit \omega gilt folgender Zusammenhang:

\omega = 2 \cdot \pi \cdot n

Der Faktor 2 \cdot \pi ergibt sich daraus, dass eine vollständige Umdrehung einem Winkel von 360 \degree = 2 \cdot \pi entspricht. Da Winkelangaben reine Zahlenwerte sind, wird eine Drehzahl von beispielsweise zehn Umdrehungen je Minute als n = \unit[10]{\frac{1}{min}} geschrieben. Wenn allerdings nur \unit[10]{\frac{1}{min}} als Bezeichnung angegeben wird, so kann anhand der Einheit nicht zweifelsfrei abgelesen werden, ob damit eine Winkelgeschwindigkeit oder eine Drehzahl gemeint ist. In der Praxis wird die Drehzahl daher häufig in der Form n = \unit[10]{\frac{U}{min}} angegeben, wobei \unit{\frac{U}{min}} für „Umdrehungen je Minute“ steht.

Bahngeschwindigkeit

Je weiter ein rotierender Punkt oder ein sich auf einer Kreisbahn bewegender Körper von der Rotationsachse entfernt ist, desto weitere Strecken legt er bei gleicher Winkelgeschwindigkeit zurück.

Definition:

Die Bahngeschwindigkeit v eines Körpers auf einer Kreisbahn ist gleich dem Produkt aus seiner Winkelgeschwindigkeit \omega und dem Radius r der Kreisbahn:

(2)v = \omega \cdot r = \frac{2 \cdot \pi \cdot r}{T}

Einheit:

Die Bahngeschwindigkeit v in Meter je Sekunde (\unit{m/s}) oder in Kilometer je Stunde (\unit{km/h}) angegeben.

Radialbeschleunigung

Da sich die Richtung der Bahngeschwindigkeit eines mit konstanter Winkelgeschwindigkeit \omega beziehungsweise konstanter Bahngeschwindigkeit v umlaufenden Punktes ständig ändert, erfährt jeder Körper auf einer Kreisbahn eine zeitlich konstante Radialbeschleunigung a_{\mathrm{\varphi }} in Richtung des Kreismittelpunktes.

Definition:

Die Radialbeschleunigung a_{\mathrm{rad}} ist direkt proportional zum Quadrat der Bahngeschwindigkeit v und umgekehrt proportional zum Kreisradius r:

(3)a_{\mathrm{rad}} = \frac{v^2}{r}

Einheit:

Die Zentripetalbeschleunigung a_{\mathrm{rad}} wird in Meter je Quadratsekunde (\unit{m/s^2}) angegeben.

Die obige Formel für die Radialbeschleunigung lässt sich herleiten, wenn man in einer schematischen Abbildung zu den zwei Ortspunkten \mathrm{P}_1 und \mathrm{P}_2 eines sich auf einer Kreisbahn bewegenden Körpers die zugehörigen Bahngeschwindigkeiten \vec{v}_1 und \vec{v}_2 einzeichnet. Diese ändern aufgrund der Radialbeschleunigung zwar ihre Richtung, jedoch nicht ihren Betrag, so dass v_1 = v_2 gilt. Beide Bahngeschwindigkeiten stehen zudem stets senkrecht zur jeweiligen Radiuslinie; bewegt sich also der Körper entlang der Kreisbahn um den Winkel \varphi weiter, so dreht sich auch sein Geschwindigkeitsvektor um den gleichen Winkel.

fig-radialbeschleunigung

Schematische Skizze zur Herleitung der Formel für die Radialbeschleunigung.

Da der Abstand r_1=r_2 der Punkte \mathrm{P}_1 und \mathrm{P}_2 vom Kreismittelpunkt gleich ist, haben das grün dargestellte Orts-Dreieck und das blau dargestellte Geschwindigkeits-Dreieck neben dem gleichen Winkel \varphi zudem ein gleiches Längenverhältnis zweier Seiten, denn es gilt \frac{v_1}{v_2} = \frac{r_1}{r_2} = 1.[1] Beide Dreiecke sind also einander ähnlich und stimmen somit in den Längenverhältnissen aller Seiten überein. Folglich gilt:

\frac{\Delta v}{v} = \frac{\Delta s}{r} \quad \text{oder} \quad
\Delta v = \Delta s \cdot \frac{v}{r}

Setzt man diesen Ausdruck für die Geschwindigkeitsänderung \Delta
v in Relation zur dafür benötigten Zeit \Delta t, so erhält man die Gleichung (3) für die Radialbeschleunigung:

a_{\mathrm{rad}} = \frac{\Delta v}{\Delta t} = \frac{\Delta s}{\Delta t}
\cdot \frac{v}{r} = v \cdot \frac{v}{r} = \frac{v^2}{r}

Auch bei einer konstanten Bahngeschwindigkeit ist eine Kreisbewegung stets eine beschleunigte Bewegung: Es ändert sich zwar nicht der Betrag v = |
\vec{v} | der Geschwindigkeit, dafür aber kontinuierlich ihre Richtung.

Kreisförmige Bewegungen mit konstanter Beschleunigung

In gleicher Weise, wie eine Beschleunigung a eine Änderung der Geschwindigkeit v eines Körpers hervorruft, bewirkt eine Winkelbeschleunigung \alpha eine Änderung der Winkelgeschwindigkeit \omega eines Körpers.

Zwischen der Winkelbeschleunigung \alpha und der in der Zeit \Delta t bewirkten Änderung der Winkelgeschwindigkeit \Delta
\omega gilt folgender Zusammenhang:

(4)\alpha = \frac{\Delta \omega }{\Delta t}

Die Winkelbeschleunigung ist, wie auch die Winkelgeschwindigkeit, eine vektorielle Größe. Wird beispielsweise eine liegende Scheibe gegen den Uhrzeigersinn beschleunigt, so zeigt die Winkelbeschleunigung nach oben, andernfalls nach unten.[2] Allgemein kann wiederum die „Rechten-Hand-Regel“ genutzt werden: Zeigen die Finger der rechten Hand in die Beschleunigungsrichtung, so zeigt der Daumen die Richtung der Winkelbeschleunigung an.

fig-winkelbeschleunigung

Richtung der Winkelbeschleunigung bei einer Rotation oder kreisförmigen Bewegung.

Da sich bei einer Bewegung auf einer Kreisbahn der Radius r nicht ändert, gibt es einen weiteren Zusammenhang zwischen der Winkelbeschleunigung und der gewöhnlichen tangentialen Beschleunigung a:

(5)\alpha = \frac{a}{r}

Für den während der beschleunigten Kreisbewegung durchlaufenen Drehwinkel \Delta \varphi gilt ebenfalls in Analogie zur beschleunigten geradlinigen Bewegung:

(6)\Delta \varphi = \frac{1}{2} \cdot \alpha \cdot (\Delta t)^2 + \varphi_0

Hierbei gibt \varphi_0 den anfänglichen Winkel der kreisförmigen Bewegung an.

An einem rotierfähigen Gegenstand treten Winkelbeschleunigungen immer dann auf, wenn ein resultierendes Drehmoment M_{\mathrm{res}} auf den Gegenstand einwirkt; für die Winkelbeschleunigung gilt dabei \alpha = \frac{M_{\mathrm{res}}}{I}, wobei I für das Trägheitsmoment des Gegenstands steht.


Anmerkungen:

[1]Die Indizes der Bahngeschwindigkeiten können somit weggelassen werden, man kann also einfacher v für v_1 und v_2 sowie r für r_1 und r_2 schreiben.
[2]Ebenso ist die Winkelbeschleunigung negativ, wenn ein sich mit positiver Winkelgeschwindigkeit (gegen den Uhrzeigersinn) bewegender Gegenstand auf der Kreisbahn abgebremst wird – er wird gleichermaßen in Gegenrichtung beschleunigt.

Hinweis

Zu diesem Abschnitt gibt es Übungsaufgaben.