Bruch-, Produkt- und Wurzelgleichungen

Bruchgleichungen und Wurzelgleichungen stellen Gleichungstypen dar, die durch entsprechende Umformungen in eine algebraische Gleichung umgewandelt werden können.

Bruchgleichungen

Als Bruchgleichung wird eine Gleichung bezeichnet, in der die Variable x mindestens einmal im Nenner steht. Hierbei ist auf den Definitionsbereich der Gleichung zu achten, da der Nenner eines Bruches niemals den Wert Null annehmen darf („Definitionslücke“). Allgemein ist der Definitionsbereich einer Bruchgleichung gleich den reellen Zahlen ohne die Lösungen der Gleichungen, die sich ergeben, wenn man den im Nenner stehenden x-Term bzw. die im Nenner stehende x-Terme jeweils gleich Null setzt.

Um eine Bruchgleichung zu lösen, wendet man folgende Methode an:

  1. Zunächst werden die einzelnen Bruchterme durch passende Erweiterungen auf den Hauptnenner gebracht – wahlweise durch Multiplikation aller Nennerterme oder durch Bildung des kleinsten gemeinsamen Vielfachen der Nennerterme.[1]
  2. Multipliziert man dann die Gleichung mit dem Hauptnenner N \ne 0, so entfallen alle Brüche (da der Hauptnenner in allen Bruchtermen gekürzt werden kann beziehungsweise 0 \cdot N = 0 gilt).

Die übrig bleibenden Terme stellen oftmals eine algebraische Gleichung dar, häufig ersten oder zweiten Grades, die mit Hilfe der in den vorherigen Abschnitten beschriebenen Verfahren gelöst werden kann.

Beispiel:

  • Die Lösungsmenge folgender Gleichung soll bestimmt werden:

    {\color{white}xx}\frac{4 \cdot x - 2}{x-5} = \frac{3 \cdot x +8}{x+2}

    Damit keiner der beiden Nenner gleich Null ist, muss x \ne 5 und x \ne -2 gelten. Zur Lösung der Gleichung werden die Terme auf beiden Seiten mit dem Hauptnenner (x-5) \cdot (x+2) multipliziert. Beide Brüche können anschließend gekürzt werden:

    \frac{(4 \cdot x - 2\phantom{x}) \cdot (x-5) \cdot
(x+2)\phantom{.}}{\phantom{\ldots\,}(x-5)} &= \; \frac{(3 \cdot x + 8)
\cdot (x-5) \cdot (x+2)}{\phantom{xx}(x+2)} \\[8pt]
\Rightarrow \quad  (4 \cdot x - 2) \cdot (x+2) \; &= \; (3 \cdot x + 8)
\cdot (x-5)

    Die so gekürzte Gleichung entspricht einer algebraischen Gleichung zweiten Grades. Nach dem Ausmultiplizieren kann sie wie üblich umgeformt und gelöst werden:

    {\color{white}\ldots\;\;}4 \cdot x^2 + 8 \cdot x - 2 \cdot x -4 &= 3
\cdot x^2  - 15 \cdot x + 8 \cdot x - 40 \\[6pt]
\Rightarrow \quad 1 \cdot x^2 + 13 \cdot x + 36 &= 0

    Nach der Mitternachtsformel gilt:

    {\color{white}\ldots\;\;\;}D = b^2 - 4 \cdot a \cdot c &= 13^2 - 4 \cdot
1 \cdot 36 = 25\\[8pt]
x_{\mathrm{1,2}} = \frac{-b \pm \sqrt{D}}{2 \cdot a} &= \frac{-13 \pm
5}{2} \\[6pt]
\Rightarrow \quad x_1 = -9 \quad &\text{und} \quad x_2 =
-4{\color{white}\;\;  \ldots \quad \qquad}

    Die Lösungsmenge der Bruchgleichung lautet somit \mathbb{L} = \{ -9,\; -4 \}.

Verhältnisgleichungen

Ein (vergleichsweise) einfacher Sonderfall einer Bruchgleichung liegt vor, wenn die Variable x nur ein einziges Mal auf einer Seite der Gleichung im Nenner oder Zähler vorkommt, beispielsweise bei \frac{9}{4} =
\frac{x}{6} oder allgemein \frac{a}{x} = \frac{b}{c}, wobei a,\,
b und c beliebige, aber bekannte Werte bezeichnen. Derartige Gleichungen werden als Verhältnisgleichungen bezeichnet und können genutzt werden, um eine unbekannte Größe zu berechnen, wenn drei andere Größen bekannt sind und sich die Zahlenverhältnisse zwischen den Größen nicht ändern, die Größen also zueinander „proportional“ sind.

Steht die Variable x bei einer Verhältnisgleichung im Zähler eines Terms, so genügt es, beide Seiten der Gleichung mit dem entsprechenden Nenner zu multiplizieren, um den gesuchten Wert zu erhalten.

Beispiel:

  • Für ein Brotrezept werden \unit[500]{g} Mehl für \unit[800]{g} Brot benötigt. Wieviel Gramm Mehl würde man (theoretisch) benötigen, um \unit[3000]{g} Brot zu backen?

    Die gesuchte Mengenangabe x steht hierbei im gleichen Verhältnis zur Zahl 3000 wie 500 zu 800, also:

    \frac{500}{800} = \frac{x}{3\,000}

    Multipliziert man beide Seiten der Gleichung mit 3000, so lässt sich der gesuchte Wert (nach dem Kürzen des Bruchs) unmittelbar ablesen:

    x = \frac{500 \cdot 3\,000}{800} = \frac{5 \cdot 3\,000}{8} = 1\,875

    Für \unit[3000]{g} Brot wären somit \unit[1\,875]{g} Mehl nötig.

Tipp: Steht die Variable x bei einer Verhältnisgleichung im Nenner, so empfiehlt es sich, die Brüche auf beiden Seiten der Gleichung durch ihre Kehrbrüche zu ersetzen; dadurch hat man die Aufgabe auf die obige Form zurückgeführt. Es genügt dann wiederum, den Zahlenterm mit dem zur Variablen gehörenden Nenner zu multiplizieren.

Produktgleichungen

Neben der obigen Form der (direkten) Proportionalität kann es auch vorkommen, dass eine Größe immer kleiner wird, wenn eine andere Größe zunimmt. Beispielsweise nimmt die Zeit, die man für eine bestimmte Wegstrecke benötigt, mit zunehmender Geschwindigkeit ab. Ein solcher Zusammenhang zwischen zwei Größen x_1 und x_2 wird als indirekte Proportionalität bezeichnet und kann formal als Produktgleichung geschrieben werden:

x_1 \cdot x_2 = c

Hierbei ist c ein bekannter, konstanter Wert. Eine solche Gleichung kann nur in zwei Fällen eindeutig gelöst werden:

  • wenn eine der beiden Größen x_1 oder x_2 ein ebenfalls bekannter Wert a ist, die Gleichung also in der trivialen Form a \cdot x = c mit der Lösung x = \frac{c}{a} geschrieben werden kann, oder
  • wenn eine zweite Gleichung für x_1 oder x_2 angegeben werden kann. Bei indirekten Proportionalitäten handelt es bei dieser ebenfalls um eine (triviale) Produktgleichung der Form b \cdot x_{1|2} = c.

Bei vielen Aufgaben bleibt somit eine Gleichung mit nur einer Unbekannten, die allgemein folgende Form hat:

(1)a \cdot b = c \cdot x

Zur besseren Lesbarkeit wurde hierbei der Index von x weggelassen, zumal ohnehin nur eine Größe gesucht wird. Die Gleichung kann somit einfach gelöst werden, indem durch den Faktor c dividiert wird:

a \cdot b = c \cdot x \quad \Leftrightarrow \quad x = \frac{a \cdot
b}{c}

Die gesuchte Größe lässt sich also als Verhältnis der übrigen Größen beschreiben. Damit stimmen Produktgleichungen formal mit Verhältnisgleichungen überein, denn offensichtlich sind beide Gleichungsformen äquivalent:

\frac{a}{x} = \frac{c}{b} \quad \Leftrightarrow \quad x = \frac{a \cdot b}{c}

Es hängt von der Aufgabenstellung ab, ob eine Gleichung eher als Produkt- oder als Verhältnisgleichung angegeben wird; liegt zwischen zwei untersuchten Größen eine direkte Proportionalität vor, so wird der Zusammenhang meist als Verhältnisgleichung, bei indirekter Proportionalität als Produktgleichung angegeben.

Die Sonderform x = c

Eine Sonderform der Produktgleichung (1) liegt dann vor, wenn die gesuchte Größe x der gegebenen Größe c entsprechen soll, also die Lösung für eine Gleichung mit folgender Form gesucht wird:

a \cdot b = c \cdot c = c^2 \quad \Leftrightarrow \quad x = c = \sqrt{a \cdot b}

In diesem Fall wird x = a \cdot b als mittlere Proportionale und x = \sqrt{a \cdot b} als geometrisches Mittel von a und b bezeichnet. Formal beschreibt x dabei das mittlere Folgenglied einer geometrischen Folge, das zwischen a und b liegt; der konstante Faktor der Folge ist hierbei q =
\sqrt{\frac{b}{a}}.

Dreisatz-Aufgaben

Wie die obigen Beispiele zeigen, lassen sich mit Verhältnis- und Produktgleichungen so genannte „Dreisatz-Aufgaben“ lösen. Diese heißen so, weil sie üblicherweise in drei Schritten gelöst werden:

  1. Zunächst wird ein Bedingungssatz formuliert, der eine Aussage über das gegebene Größenverhältnis macht.

    Beispiel: Ein Containerschiff benötigt für eine Strecke von s_1=\unit[800]{km} eine Zeit von t_1= \unit[16]{h}. Der Bedingungssatz lautet also:

    \unit[800]{km} \; \hat{=} \; \unit[16]{h}

    Über dem Ist-Gleich-Zeichen wird dabei häufig ein Dach-Symbol geschrieben, da die linke Seite der Gleichung mit der rechten Seite zwar in einem bestimmten Verhältnis seht, aber nicht mit dieser identisch ist.

  2. Anschließend wird ein Fragesatz formuliert, der die gesuchte Größe x beinhaltet. Der Fragesatz ergibt gemeinsam mit dem Bedingungssatz ein System zweier Gleichungen, die aufgrund der festen Proportionalitäten als eine Verhältnisgleichung geschrieben werden können.

    Beispiel: Wie lange braucht das obige Containerschiff für eine s_2 =
\unit[2500]{km} lange Strecke? Der Fragesatz lautet in diesem Fall:

    \unit[2500]{km} \; \hat{=} \; ?

  3. Mit dem Schlußsatz wird die gesuchte Größe (x oder ?) berechnet, indem jeweils das Verhältnis der linken und der rechten Seiten der obigen Gleichungen gebildet wird. Vorzugsweise teilt man dabei die zweite Gleichung durch die erste, so dass die gesuchte Größe im Zähler steht. Es folgt für das obige Beispiel:

    \frac{\unit[2500]{km}}{\unit[800]{km}} &= \frac{?}{\unit[16]{h}}

    Aus dem Schlusssatz kann die gesuchte Größe unmittelbar berechnet werden

    ? &= \frac{25 \cdot \unit[16]{h}}{8} \\[4pt]
\Rightarrow \; ? &= \unit[50]{h}

Bisweilen werden Dreisatz-Aufgaben auch gelöst, indem zunächst auf eine Einheit der Grundgröße „herunter gerechnet“ wird; im obigen Beispiel könnte man zunächst ausrechnen, wie lange das Schiff für eine Strecke von \unit[1]{km} benötigt (Ergebnis: \unit[0,02]{Stunden}). Damit kann dann auf die gesuchte Zeit „hoch gerechnet“ werden, indem man die Zeit je Kilometer mit der gegebenen Anzahl an Kilometern multipliziert. Im Allgemeinen bedeutet dieses Lösungsverfahren gegenüber der oben genannten Methode jedoch einen erhöhten Rechenaufwand.

Wurzelgleichungen

Als Wurzelgleichung wird eine Gleichung bezeichnet, in der die Variable x mindestens einmal im Argument einer Wurzel steht. Hierbei muss gegebenenfalls der Definitionsbereich der Variablen eingeschränkt werden, da im Bereich der reellen Zahlen negative Wurzeln nicht definiert sind.[2]

Wurzelgleichungen lassen sich üblicherweise durch folgendes Verfahren lösen:

  1. Zunächst wird eine Wurzel durch geeignete Umformungen isoliert, also allein auf eine Seite der Gleichung gebracht.
  2. Anschließend werden beide Seiten der Gleichung mit dem Wurzelexponenten (bei einer Quadratwurzel mit zwei) potenziert. Falls bei der sich ergebenden noch immer Wurzeln auftreten, wiederholt man dieses Verfahren, bis alle Wurzeln eliminiert sind.

Die neue Gleichung entspricht oftmals einer algebraischen Gleichung, häufig ersten oder zweiten Grades, die mit Hilfe der in den vorherigen Abschnitten beschriebenen Verfahren gelöst werden kann.

Da das Potenzieren mit einem geradzahligen Exponenten keine Äquivalenzumformung darstellt, kann die umgeformte Gleichung (Schein-)Lösungen besitzen, die keine Lösungen der ursprünglichen Gleichung sind. Eine Probe durch Einsetzen der gefundenen Werte in die ursprüngliche Gleichung oder durch Vergleich der gefundenen Lösungen mit dem Definitionsbereich der Gleichung ist somit zwingend erforderlich.

Beispiel:

  • Die Lösungsmenge folgender Gleichung soll bestimmt werden:

    \sqrt{4 \cdot x - 3} - 2 \cdot x + 1 = 0

    Damit unter der Wurzel kein negativer Wert steht, muss 4 \cdot x - 3 \ge
0 gelten, also x \ge 0,75. Zur Lösung der Gleichung wird zunächst die Wurzel isoliert, es werden also alle übrigen Terme auf die rechte Seite der Gleichung gebracht:

    \sqrt{4 \cdot x - 3} \phantom{.} = + 2 \cdot x - 1

    Nun kann die Gleichung quadriert werden. Es folgt:

    {\color{white}\ldots}\left(\sqrt{4 \cdot x - 3}\,\right)^2 &= (2 \cdot x - 1)^2 \\
4 \cdot x - 3 \phantom{\ldots\!} &= 4 \cdot x^2 - 4 \cdot x + 1

    Die quadrierte Gleichung entspricht in diesem Fall einer algebraischen Gleichung zweiten Grades. Sie kann wie üblich umgeformt und gelöst werden:

    4 \cdot x^2 - 8 \cdot x + 4 &= 0 \\
4 \cdot (x-1)^2 &= 0 \\
(x-1)^2 &= 0 \\
x & = 1

    Der gefundene Wert x=1 stellt auch, wie man durch Einsetzen leicht überprüfen kann, eine Lösung der ursprünglichen Gleichung dar. Somit lautet die Lösungsmenge der Wurzelgleichung \mathbb{L} = \{ 1 \}.


Anmerkungen:

[1]

Das kleinste gemeinsame Vielfache (kgV) der Nennerterme lässt sich oftmals mit weniger Rechenaufwand berechnen, sofern diese in Form von (Linear-)Faktoren vorliegen. Das kgV ist in diesem Fall gleich dem Produkt der kleinsten Potenzen aller in den Nennern auftretenden Faktoren.

Eine Zerlegung der Nennerterme in mehrere (Linear-)Faktoren ist genau dann möglich, wenn bereits eine oder mehrere Definitionslücken x_{\mathrm{i}} gefunden wurden. Mit Hilfe dieser Werte lassen sich die Nennerterme jeweils als (x - x_{\mathrm{i}}) \cdot \text{Rest} darstellen.

[2]Für jeden unter einer Wurzel stehenden Term \sqrt{T} ist die Ungleichung T \ge 0 zu lösen. Die Definitionsmenge entspricht dann der Schnittmenge der Lösungsintervalle.

Hinweis

Zu diesem Abschnitt gibt es Übungsaufgaben.