Elektrische Felder¶
In ähnlicher Weise wie man das magnetische Feld eines Permanent- oder Elektromagneten zur Beschreibung der Kraftwirkung auf einen anderen Magneten nutzen kann, ist es auch möglich, das elektrische Feld einer Ladungsverteilung zur Beschreibung der Kraftwirkung auf andere elektrische Ladungen zu verwenden. Anders als Magnetfelder verlaufen elektrische Felder jedoch nicht auf geschlossenen Linien, sondern verlaufen von positiven elektrischen Ladungen hin zu negativen Ladungen.
Das Coulombsche Kraftgesetz
Die Grundlage für die Einführung eines elektrischen Felds bildet das so genannte Colulomb-Gesetz, das besagt, dass die Kraft zwischen zwei punktförmigen Ladungen proportional zu Ladungsmengen und sowie indirekt proportional zum Quadrat des Abstands beider Ladungen ist:
(1)¶
Hierbei ist die elektrische Feldkonstante des Vakuums. Die Einheit dieser wichtigen Naturkonstanten kann wegen auch folgendermaßen geschrieben werden:
Mit Hilfe der elektrischen Feldkonstanten kann bei bekannten Ladungsmengen und ihrem Abstand auf die Größe der wirkenden Kraft geschlossen werden; der gesamte Vorfaktor wird bisweilen auch als „Coulomb-Konstante“ bezeichnet. Anschaulich bedeutet der Wert dieser Konstante, dass zwei Ladungen von je einem Coulomb, die sich in einem Abstand von einem Meter zueinander befinden, aufeinander eine Kraft von etwa ausüben würden – das entspräche einer Gewichtskraft von etwa . Man erkennt an diesem Beispiel zum einen, dass bei vielen Prozessen, etwa bei sich bewegenden Elektronen, die Gewichtskraft gegenüber der Coulomb-Kraft meist völlig vernachlässigt werden kann. Andererseits zeigt sich, dass 1 Coulomb eine sehr große Ladungsmenge darstellt; im Alltag treten üblicherweise nur Bruchteile dieser Ladungsmenge auf.
Für die Richtung der wirkenden Coulomb-Kraft gilt:
- Sind die Vorzeichen beider Ladungen gleich, so ist die wirkende Kraft positiv, und die Ladungen stoßen sich ab.
- Haben beide Ladungen hingegen unterschiedliche Vorzeichen, so ist die Coulomb-Kraft negativ, und die Ladungen ziehen einander an.
Sind mehrere Ladungen räumlich getrennt angeordnet, so kann man zunächst die Coulomb-Kräfte paarweise berechnen und anschließend die wirkenden Gesamt-Kräfte durch Addition der Teilkräfte ermitteln.
Elektrische Feldstärke¶
Liegt eine kontinuierliche Verteilung vieler einzelner Ladungen vor, so wäre es zumindest sehr mühsam, die resultierende Wirkung auf eine weitere Probeladung als Überlagerung der zahlreichen einzelnen Coulomb-Kräfte zu beschreiben. Stattdessen verwendet man den Begriff der elektrischen Feldstärke ; diese gibt an, welche Kraftwirkung eine Probeladung durch eine bereits vorhandene Ladung oder Ladungsverteilung erfährt:
Die elektrische Feldstärke wird in der Einheit angegeben.[1] Als Vektor gibt die elektrische Feldstärke die Richtung der Kraft an, die auf eine positive Probeladung wirkt. Die einzelnen Feldlinien gehen deshalb senkrecht von positiven Ladungen aus und enden senkrecht auf negativen Ladungen. Die Dichte der Feldlinien kann als Maß für die Stärke des elektrischen Felds angesehen werden.
Die Kraftwirkung auf negative Probeladungen ergibt sich, indem man sich die Pfeilrichtung der Feldlinien vertauscht vorstellt.
Elektrisches Feld eines Plattenkondensators¶
Ein elektrisches Feld mit gleichmäßig verteilten und in die gleiche Richtung zeigenden Feldlinien erhält man, wenn man zwei metallische, zueinander parallel angeordnete Platten mit entgegengesetzten Ladungsträgern bestückt. Im Inneren eines solchen „Plattenkondensators“ ist die elektrische Feldstärke an allen stellen gleich („homogen“).[2]
Der Betrag der elektrischen Feldstärke eines Plattenkondensators ist davon abhängig, wie viele zusätzliche Ladungen sich über den Plattenflächen befinden. Das Verhältnis aus der gespeicherten Ladungsmenge und der Plattenfläche wird auch als „elektrische Flussdichte“ bezeichnet. Für ihren Betrag gilt:
(2)¶
Die elektrische Flussdichte steht, wie auch die elektrische Feldstärke , senkrecht zu den Kondensatorplatten. Der Zusammenhang zwischen der elektrischen Flussdichte , welche die Ladungsverteilung beschreibt, und der elektrischen Feldstärke , welche die Kraftwirkung auf geladene Teilchen angibt, kann wiederum mittels der elektrischen Feldkonstante formuliert werden:
(3)¶
Um einen noch einfacheren Ausdruck für die Elektrische Feldstärke herzuleiten, ist ein kurzes Gedankenexperiment hilfreich: Wird ein einzelne positive Probeladung entgegen den Feldlinien von der negativen zur positiv geladenen Platte verschoben, so muss dafür eine Arbeit verrichtet werden, wobei den Plattenabstand bezeichnet. Befindet sich die Ladung anschließend an der positiven Seite, so besitzt sie eine ebenso große potentielle Energie . Als elektrische Spannung bezeichnet man eben diese potentielle Energie gegenüber der negativen Plattenseite, bezogen auf die Größe der Probeladung:
(4)¶
Setzt man in die obige Formel ein, so ergibt sich für das elektrische Feld eines Plattenkondensators folgender nützlicher Zusammenhang:
(5)¶
Da sowohl die elektrische Spannung als auch der Abstand zwischen den geladenen Platten leicht messbare Größen sind, kann das elektrische Feld eines Plattenkondensators sehr einfach bestimmt werden.
Während das elektrische Feld an allen Stellen im Plattenkondensator gleich ist, nimmt die elektrische Spannung im Kondensator von der positiven zur negativen Platte linear auf Null ab.
Elektrische Influenz und Faradayischer Käfig¶
In Metallen gibt es stets eine Vielzahl an frei beweglicher Elektronen. Im neutralen Zustand werden die negativen Ladungen der Elektronen durch die positiven Ladungen der Atomrümpfe ausgeglichen. Lädt man ein einzelnes Stück Metall mit weiteren Elektronen auf, so verteilen sich diese ausschließlich entlang der Oberfläche, da die zusätzlichen Elektronen ebenfalls frei beweglich sind und sich gegenseitig abstoßen.
Bringt am ein Stück Metall in ein elektrisches Feld ein, so bewirkt dieses eine Verschiebung der frei beweglichen Elektronen zur positiven Platte hin; an der zur negativen Platte hin orientierten Seite bleiben die positiv geladenen Atomrümpfe übrig. Dieser als „elektrische Influenz“ bezeichnete Effekt hält so lange an, bis sich im Metall durch die Ladungsverschiebung ein gleich starkes, aber entgegengesetzt gerichtetes Feld einstellt.
Im Inneren des Metalls überlagern sich das äußere und das induzierte elektrische Feld. Da beide Felder gleich groß, aber entgegengesetzt gerichtet sind, bleibt das Innere des Metalls somit feldfrei. Dies gilt nicht nur massive metallische Körper, sondern auch für metallische Hohlkörper. In der Technik stellen beispielsweise Autokarosserien so genannte „Faradayische Käfige“ dar (benannt nach Michael Faraday), welche die Insassen vor elektrischen Feldern und damit auch vor Stromflüssen, beispielsweise Blitzen, schützen.
Orientierungspolarisation¶
Befinden sich zwei Ladungen mit unterschiedlichem Vorzeichen, aber gleich großer Ladungsmenge im Abstand zueinander, so spricht man von einem elektrischen Dipol. Ein solcher Dipol besitzt ein so genanntes Dipolmoment , das proportional zur Ladungsmenge und zum Abstand der Ladungen ist und in Richtung der positiven Ladung zeigt:
Die Einheit des Dipolmoments ist .
In der Realität existieren elektrische Dipole in Form von bestimmten Molekülen, die ein permanentes Dipolmoment besitzen, beispielsweise Wasser.
Bringt man einen elektrischen Dipol in ein homogenes elektrisches Feld ein, so richtet er sich parallel zur Feldrichtung aus. Für das dabei wirkende Drehmoment gilt:
Das Drehmoment ist maximal, wenn der elektrische Dipol senkrecht zu den elektrischen Feldlinien ausgerichtet ist, und wird gleich Null, wenn beide Richtungen identisch sind.
Die Ausrichtung von elektrischen Dipolen durch elektrische Felder wird als Orientierungspolarisation bezeichnet. In realen Anwendungen verhindert die statistisch gleichmäßig verteilte Wärmebewegung der Teilchen eine vollständig Ausrichtung der Dipole; bei abnehmender Temperatur nimmt die Orientierungspolarisation daher zu. Bei Abschalten des elektrischen Felds verschwindet die Orientierungspolarisation wieder.
Verschiebunspolarisation und Dielektrikum¶
Bringt man ein nichtleitendes Material („Dielektrikum“) ohne elektrische Dipole in ein homogenes elektrisches Feld ein, so werden die Ladungsschwerpunkte in allen Atomen leicht verschoben, jeder Atomkern gerät etwas aus dem Zentrum seiner Elektronenhülle. Alle Atome werden somit zu elektrischen Dipolen, auch wenn sie ursprünglich keinen Dipolcharakter besessen haben. Diese Form der Polarisation wird Verschiebungspolarisation genannt.
Bei beiden Polarisationsformen erzeugen die Dipole im Dielektrikum selbst ein vergleichsweise schwaches und dem äußeren Feld entgegengesetzt gerichtetes elektrisches Feld. Füllt das Dielektrikum den gesamten Bereich zwischen den Kondensatorplatten aus, so wird der Wert der elektrischen Feldstärke gegenüber dem ursprünglichen Wert um einen Faktor gesenkt. Für einen Plattenkondensator mit Dielektrikum gilt also allgemein:
Der Zahlenwert ist eine Materialkonstante, die als relative Dielektrizitätszahl bezeichnet wird. Streng genommen muss bereits Luft als Dielektrikum angesehen werden, ihr Wert ist jedoch nur geringfügig von der Dielektrizitätszahl des Vakuums.
Material | Dielektrizitätszahl |
Erde (feucht) | |
Erde (trocken) | |
Glas | bis |
Glimmer | |
Gummi | |
Glycerin | |
Holz (trocken) | bis |
Luft | |
Porzellan | bis |
Wasser |
Wird ein Kondensator durch eine an die Platten angeschlossene Stromquelle aufgeladen, so erfolgt dies so lange, bis die elektrische Spannung zwischen den Kondensator-Platten genauso groß ist wie die anliegende äußere Spannung. Durch ein Einbringen eines Dielektrikum wird allerdings das elektrische Feld und somit auch die Spannung zwischen den Kondensator-Platten gesenkt; somit fließt weitere Ladung auf die Kondensatorplatten nach, bis erneut die Spannung innerhalb des Kondensators (mit Dielektrikum) so groß ist wie die anliegende äußere Spannung. Ein Plattenkondensator kann also mit Dielektrikum eine größere Ladungsmenge speichern als ohne.
Kapazität eines Plattenkondensators¶
Die Kapazität eines Plattenkondensators gibt an, wie viel die Ladungsmenge ist, die der Kondensator bei einer anliegenden Spannung insgesamt aufnehmen kann:
(6)¶
Die Einheit der Kapazität ist Farad . Da ein Coulomb eine sehr große Ladungsmenge darstellt, ist ebenso eine Kapazitätsmenge von einem Farad sehr groß. In der Praxis übliche Kondensatoren werden daher in Pikofarad , oder Mikrofarad angegeben.
Die obige Formel (6) gilt allgemein für alle Bauarten von Kondensatoren. Bei einem Plattenkondensator ist die Kapazität abhängig von der Fläche der beiden Kondensatorplatten, von ihrem Abstand sowie vom Dielektrikum, das sich zwischen den beiden Kondensatorplatten befindet. Handelt es sich beim Dielektrikum um Vakuum oder Luft, so gilt für die Kapazität des Plattenkondensators:
(7)¶
Hierbei bezeichnet wiederum die elektrische Feldkonstante. Handelt es sich beim Dielektrikum um ein anderes Material, so muss anstelle von der Wert in die obige Gleichung eingesetzt werden, wobei die Dielektrizitätszahl des jeweiligen Materials ist. Durch ein geeignetes Dielektrikum zwischen den Kondensatorplatten kann somit die Kapazität des Kondensators bei gleicher Baugröße um ein Vielfaches erhöht werden.
Elektrische Energie in einem Plattenkondensator
Wird in einem Plattenkondensator eine Ladung positive Ladung entgegen der elektrischen Feldlinien bewegt, so muss Arbeit gegen die elektrische Kraft verrichtet werden. Bewegt man die Ladung von der negativen zur positiven Platte, die voneinander den Plattenabstand haben, so gilt für die verrichtete Arbeit :
Wird ein Kondensator geladen, so kann man sich die dabei verrichtete elektrische Arbeit als schrittweisen Transport von elektrischer Ladung von einer Kondensatorplatte zur anderen vorstellen – nicht über die Luft zwischen den Kondensatorplatten, aber über die Anschlussdrähte. Als Folge der Ladungstrennung baut sich im Kondensator zunehmend eine elektrische Spannung auf.
Hat die Spannung zwischen den Kondensatorplatten den Wert , so musste während des Ladevorgangs schrittweise Spannungen zwischen Null und überwunden werden; die durchschnittliche Ladespannung hat also betragen.
Mit und ergibt sich:
Schreibt man zusätzlich , so erhält man für die insgesamt während des Ladens verrichtete elektrische Arbeit:
(8)¶
Diese Arbeitsmenge bleibt in Form von elektrischer Energie im Kondensator gespeichert.
Das Millikan-Experiment¶
Im Jahr 1910 konnte Robert Millikan erstmals mittels eines Plattenkondensators die Größe der Elementarladung experimentell bestimmen. Die Grundidee seines Experiments war es, mittels eines Zerstäubers winzige, durch Reibungseffekte zumindest teilweise elektrisch geladene Öltröpfchen zwischen die Platten des Kondensators zu bringen.
Liegt am Kondensator keine elektrische Spannung an, so sinken die Tröpfchen aufgrund ihrer Gewichtskraft langsam nach unten; aufgrund der kleinen Tröpfchengröße sind hierbei die statische Auftriebskraft der Tröpfchen in Luft sowie die Reibungskraft nicht zu vernachlässigen.
Wird hingegen ein elektrisches Feld angelegt, so kann die (nur auf elektrisch geladene Öltröpfchen) wirkende elektrische Kraft die Gewichtskraft ausgleichen; bei einer ausreichend großen elektrischen Spannung können die geladenen Teilchen sogar wieder nach oben steigen.
Für die wirkenden Kräfte gilt:
Hierbei bezeichnet den Ortsfaktor, die Dichte des Öls und die Dichte der Luft. Für das Volumen der kugelförmigen Öltröpfchen gilt , wobei den Radius der Öltröpfchen angibt.
Schweben die Öltröpfchen in der Luft, so muss folgendes Gleichgewicht gelten:
Für die Ladung eines schwebenden Öltröpfchens muss somit gelten:
In dieser Gleichung sind, abgesehen vom Radius der Öltröpfchen, alle Größen konstant oder leicht messbar. Die größte Schwierigkeit besteht im exakten Messen des Radius (durch die Brownsche Molekularbewegung noch zusätzlich erschwert), wobei Messfehler durch die dritte Potenz einen erheblichen Einfluss auf das Ergebnis haben können. Millikan bestimmte daher zusätzlich die Geschwindigkeiten einzelner Tröpfchen beim Sinken, was er durch ein zwischenzeitliches Abschalten der anliegenden Spannung erreichte.
Erreichen die Tröpfchen beim Sinken eine konstante Geschwindigkeit , so gilt folgendes Kräftegleichgewicht:
In der obigen Gleichung bezeichnet die Viskosität der Luft; bei beträgt diese . Löst man die Gleichung nach auf, so erhält man:
Durch Messung der Viskosität der Luft und der Sinkgeschwindigkeit der Tröpfchen ohne elektrisches Feld kann der Radius der Tröpfchen mit guter Genauigkeit bestimmt werden.
Millikan stellte fest, dass die sich ergebenden Ladungswerte stets ganzzahlige Vielfache einer „Elementarladung“ waren. Er bestimmte den Wert dieser Ladung zu , was mit dem heute bekannten Wert von bereits sehr gut übereinstimmte.
Bewegung von geladenen Teilchen in elektrischen Feldern¶
Bringt man ein Teilchen mit einer elektrischen Ladung in ein elektrisches Feld mit einer Feldstärke , so erfährt es gemäß eine Kraftwirkung. Handelt es sich bei dem Teilchen um ein Elektron oder Proton, so kann die Gewichtskraft des Teilchens gegenüber der elektrischen Kraft meist vernachlässigt werden.
Für technische Anwendungen ist insbesondere die Bewegung von Elektronen in elektrischen Feldern von Bedeutung.
Bewegung in Richtung des elektrischen Feldes
Angenommen, ein frei bewegliches Elektron befindet sich zunächst in unmittelbarer Nähe der negativ geladenen Seite eines Plattenkondensators. Durch die elektrische Feldstärke wird es dann zur positiven geladenen Seite hin beschleunigt. Diese Bewegung ähnelt dem freien Fall eines Gegenstands im Gravitationsfeld der Erde: Es wird potentielle Energie in kinetische Energie umgewandelt.
Gemäß der Definition der Spannung (4) kann die potentielle Energie des Elektrons folgendermaßen ausgedrückt werden:[3]
Die potentielle Energie des Elektrons ist also ausschließlich abhängig von der im Plattenkondensator anliegenden Spannung , da die Ladung des Elektrons konstant ist.
Beispiel:
Liegen an den Platten eines Kondensators an, so ein Elektron, das sich in unmittelbarer Nähe der negativen Platte befindet, folgende Energiemenge:
Die Einheit ergibt sich aus und zu .
Da die Energiemengen bei einzelnen Elektronen ziemlich gering sind, ist es üblich, diese in der Einheit „Elektronenvolt“ anzugeben. Hierbei wird mit die Ladung eines einzelnen Elektrons bezeichnet; multipliziert man diesen Wert mit dem Wert der anliegenden Spannung, so erhält man unmittelbar die Energiemenge in Elektronenvolt. Für das obige Beispiel würde entsprechend gelten.
Erreicht das Elektron die positiv geladene Platte, so ist die gesamte potentielle Energie des Elektrons in kinetische Energie umgewandelt worden. Hierbei muss also gelten:
Das Elektron erreicht somit unmittelbar vor dem Aufprall auf der positiven Leiterplatte folgende Geschwindigkeit:
Diese Gleichung kann nicht nur für Elektronen, sondern ebenso für andere geladene Teilchen (beispielsweise Ionen) verwendet werden. Diese tragen meist ebenso nur eine einzelne Elementarladung oder ein geringzahliges Vielfaches davon, haben jedoch eine weitaus höhere Masse; somit ergeben sich wesentlich geringere Geschwindigkeitswerte als bei Elektronen.
Beispiel:
Liegt wie im obigen Beispiel eine Spannung von am Kondensator an, so ergibt sich mit für ein Elektron folgende Aufprall-Geschwindigkeit:
Die Einheit ergibt sich aus folgender Beziehung:
Trotz der scheinbar geringen Energiemenge von erreicht das Elektron bereits eine Geschwindigkeit von über ; dies entspricht bereits rund der Lichtgeschwindigkeit.[4] Wird die Spannung, wie beispielsweise in Braunschen Röhren üblich, um einen Faktor auf erhöht, so steigt die Geschwindigkeit beim Aufprall um den Faktor an.
In klassischen Oszilloskopen und Braunschen Röhren werden die freien Elektronen von einem spiralförmig aufgewickelten Heizdraht ausgesendet („Glühelektrischer Effekt“). Ohne ein weiteres wirksames elektrisches Feld würde sich der Draht dabei aufgrund der verbleibenden Atomrümpfe positiv aufladen, und die Elektronen würden zurück in Richtung des Drahtes beschleunigt. Als Folge davon ergäbe sich eine nur wenige Millimeter dicke „Elektronenwolke“ um den Heizdraht herum. Wird hingegen mittels einer (positiv geladenen) Anode ein elektrisches Feld angelegt, so werden die Elektronen entlang der Feldlinien in Richtung der Anode beschleunigt.
Bewegung senkrecht zum elektrischen Feld
Erfolgt die Bewegung eines geladenen Teilchens, beispielsweise eines Elektrons, (zunächst) senkrecht zur Richtung des elektrischen Felds eines Plattenkondensators, so gleicht die vom geladenen Teilchen durchlaufene Bahn derjenigen, die ein waagrecht geworfener Gegenstand im Gravitationsfeld der Erde durchläuft.
Verläuft das elektrische Feld in vertikaler Richtung, so bleibt die horizontale Komponente der Geschwindigkeit des geladenen Teilchens unverändert. Tritt das Teilchen zur Zeit an der Stelle in das elektrische Feld ein, so muss also gelten:
In Vertikaler Richtung hat das geladene Teilchen zunächst eine Geschwindigkeit von . Tritt das Teilchen mittig (in der Höhe ) in das elektrische Feld ein, so wird es durch das elektrische Feld konstant beschleunigt. Somit muss gelten:
Die Beschleunigung , die ein geladenes Teilchen im elektrischen Feld erfährt, kann man wegen als schreiben. Handelt es sich bei dem geladenen Teilchen um ein freies Elektron, so ist gleich der Elementarladung , so ergibt sich:
Um die Geschwindigkeit beziehungsweise die Position des Teilchens nicht in Abhängigkeit von der Zeit, sondern in Abhängigkeit von der horizontalen Entfernung auszudrücken, kann man den Zusammenhang nutzen:
Bei einem Strahl aus freien Elektronen treten diese mit einer jeweils gleichen Eintrittsgeschwindigkeit in das elektrische Feld ein. Durch eine Variation der Spannung an den Kondensatorplatten und damit einer Beeinflussung des elektrischen Feldes kann somit die Bahn der Elektronen unmittelbar beeinflusst werden. Dieser Effekt wird beispielsweise in Röhren-Oszilloskopen genutzt, um den zeitlichen Verlauf eines beziehungsweise zweier Spannungssignale auf einem Schirm sichtbar zu machen.
Anmerkungen:
[1] | Eine weitere gebräuchliche Einheit für die elektrische Feldstärke ist . Der Zusammenhang ergibt sich aus der Definition von der Einheit Volt: Damit lässt sich die Einheit der elektrischen Feldstärke folgendermaßen umformulieren: |
[2] | An den Rändern des Kondensators sind die Feldlinien zwar gekrümmt, doch im Inneren verlaufen die Feldlinien nahezu parallel. |
[3] | Auf den Platten eines geladenen Kondensators befinden sich eine Vielzahl an Ladungsträgern. Beim obigen Ansatz wird daher angenommen, dass ein einzelnes Elektron, das von einer Seite des Kondensators auf die andere gelangt, keinen Einfluss auf die Ladungsverteilung des Kondensators und somit auf die anliegende Spannung hat. Wird die Spannung im Kondensator durch eine äußere Spannungsquelle aufrecht erhalten, kann während des Vorgangs als konstant angesehen werden. |
[4] | Auch die Bindungsenergien der Elektronen an den Atomkern werden in Elektronenvolt angegeben. Beispielsweise genügt bei den meisten chemischen Elementen bereits eine Energiemenge von etwa , um ein einzelnes Elektron aus der Atomhülle zu lösen („erste Ionisierungsenergie“). Um weitere Elektronen aus der Atomhülle zu lösen, sind meist deutlich höhere Energiemengen erforderlich (siehe folgende Tabelle auf Wikipedia). |
Hinweis
Zu diesem Abschnitt gibt es Übungsaufgaben.