Trigonometrische Funktionen¶
Die trigonometrischen Funktionen, auch „Winkelfunktionen“ genannt, weisen jedem Winkel eine bestimmte Zahl zu, die das Längenverhältnis der entsprechenden Seiten in einem rechtwinkligen Dreieck angibt.
Die Winkelfunktionen am Einheitskreis¶
Die beiden Winkelfunktionen Sinus und Cosinus lassen sich nicht nur als Längenverhältnisse in einem rechtwinkligen Dreieck, sondern auch als Streckenanteile interpretieren. Zeichnet man in ein Koordinatensystem einen Kreis mit Radius eins um den Koordinatenursprung und verbindet den Koordinatenursprung mit einem auf dem Kreis entlang wandernden Punkt , so stellen Cosinus und Sinus die senkrechten Projektionen der Verbindungslinie auf die - bzw. -Achse dar. Der Tangens entspricht der Steigung, welche die Verbindungslinie bei einem Winkel hat.
Der entscheidende Vorteil dieser Darstellung liegt darin, dass der Winkel hierbei beliebig große Werte annehmen kann: Gilt für den Winkel , so wiederholen sich auch die entsprechenden Werte von und mit einer Periode von von neuem.[1]
Damit sich die Winkelfunktionen in einem üblichen Koordinatensystem darstellen lassen, wird der Winkel als Argument meist nicht im Gradmaß, sondern im Bogenmaß angegeben. Damit kann, da sich die trigonometrischen Funktionen für beliebig große Winkelwerte gelten, kann beispielsweise auch anstelle von für jedes geschrieben werden. Die Vorzeichen der Winkelfunktionen wiederum richten sich danach, in welchem Quadranten des Koordinatensystems sich der „Kreisvektor“ gerade befindet.
Anhand des Einheitskreises lässt sich auch der so genannte „trigonometrische Pythagoras“ ableiten; Mit der Hypotenusenlänge und den Kathetenlängen und lautet der Satz des Pythagoras hierbei:
Gewöhnlich wird anstelle von und anstelle von geschrieben. Für beliebige Winkelwerte bzw. ergibt sich damit die folgende wichtige Beziehung:
(1)¶
Eigenschaften und Funktionsgraphen der Winkelfunktionen
Für einige besondere Winkel lassen sich die Werte der Winkelfunktionen als (verhältnismäßig) einfache Bruch- bzw. Wurzelzahlen angeben – für die übrigen Winkelmaße ergeben und Werte mit unendlich vielen Nachkommastellen, die sich periodisch stets zwischen und bewegen. Die Werte von als dem Verhältnis von zu reichen von bis und sind nicht definiert, wenn gilt.
Die Werte der Winkelfunktionen und lassen sich auch als (wellenartige) Funktionsgraphen darstellen.
Die beiden Funktionen und nehmen regelmäßig wiederkehrend die gleichen Werte aus dem Wertebereich an. Sie werden daher als „periodisch“ bezeichnet, mit einer Periodenlänge von . Es gilt damit für jede natürliche Zahl :
(2)¶
Führt man die Funktionsgraphen der Sinus- und Cosinusfunktion für negative -Werte fort, so kann man erkennen, dass es sich bei der Sinusfunktion um eine ungerade (punktsymmetrische) Funktion und bei der Cosinusfunktion um eine gerade (achsensymmetrische) Funktion handelt. Es gilt also:
(3)¶
Zudem kann man den Funktionsgraphen der Cosinus-Funktion erhalten, indem man den Funktionsgraphen der Sinus-Funktion um nach links (in negative -Richtung) verschiebt; entsprechend ergibt sich die Sinus-Funktion aus einer Verschiebung der Cosinusfunktion um nach rechts. Es gilt somit unter Berücksichtigung der Symmetrie der Cosinus-Funktion:
(4)¶
Da die Funktionswerte der Sinus- und Cosinusfunktion periodisch sind, sind auch ihre Nullstellen periodisch. Sie lassen sich mit einer beliebigen natürlichen Zahl in folgender Form angeben:
(5)¶
Die Tangensfunktion
Für die Tangens-Funktion ergeben sich Vorzeichenwechsel an den Definitionslücken (den Stellen, an denen gilt). Je nachdem, von welcher Seite aus man sich diesen „Polstellen“ nähert, nehmen die Funktionswerte des Tangens – entsprechend der Vorzeichen von und – unendlich große negative bzw. positive Werte an.
Die Nullstellen der Tangensfunktion sind mit denen der Sinusfunktion identisch, die Polstellen entsprechen den Nullstellen der Cosinusfunktion.
Additionstheoreme¶
Bisweilen treten in mathematischen und technischen Aufgaben Sinus- und Cosinusfunktionen auf, deren Argument eine Summe zweier Winkel ist. Oft ist es dabei hilfreich, diese als Verknüpfung mehrerer Sinus- bzw. Cosinusfunktionen mit nur einem Winkel als Argument angeben zu können. Die folgenden Rechenregeln, die eine derartige Umrechnung ermöglichen, werden üblicherweise als „Additionstheoreme“ bezeichnet.
Für beliebige Winkelwerte und gilt:
(6)¶
Ist , so gilt wegen Gleichung (3):
Ist , so gelten folgende Rechenregeln für „doppelte“ Winkelwerte:
(7)¶
Umgekehrt lassen sich Sinus und Cosinus auch umformen, indem man in den obigen Gleichungen durch ersetzt. Es gilt dabei:
(8)¶
Zudem gibt es (eher zum Nachschlagen) auch zwei Formeln, mit denen Summen oder Differenzen von gleichartigen Winkelfunktionen in Produkte verwandelt werden können, was insbesondere bei der Vereinfachung von Brüchen hilfreich sein kann:
(9)¶
Schließlich gibt es noch zwei Additionsregeln für die Summe bzw. die Differenz von Winkelargumenten bei Tangensfunktionen:
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Die Arcus-Funktionen¶
Die Arcus-Funktionen , und geben zu einem gegebenen Wert den zugehörigen Winkel an; sie sind damit die Umkehrfunktionen der trigonometrischen Funktionen , und . Beispielsweise ist der Winkel im Einheitskreis, dessen Sinus gleich ist.
Da die Sinus-, Cosinus- und Tangensfunktionen aufgrund ihrer Periodizität nicht bijektiv sind, muss ihr Definitionsbereich bei der Bildung der jeweiligen Umkehrfunktion eingeschränkt werden. Die Arcus-Funktionen werden dabei üblicherweise mit folgenden Definitionsbereichen festgelegt:
- Die Umkehrfunktion zu mit ist die Funktion mit .
- Die Umkehrfunktion zu mit ist die Funktion mit .
- Die Umkehrfunktion zu mit ist die Funktion mit .
Die Wertebereiche der Arcus-Funktionen stimmen dabei mit den obigen Definitionsbereichen der ursprünglichen Winkelfunktionen überein.
Anmerkungen:
[1] | Unter einer periodischen Funktion versteht man allgemein eine Funktion, für die gilt; dabei wird als Periode der Funktion bezeichnet. |