Optische Geräte¶
Das Auge¶
Aus Sicht der geometrischen Optik besteht das Auge aus einem Linsensystem zweier Sammellinsen – erstens der gewölbten Hornhautschicht und zweitens der durch einen Ringmuskel verformbaren Augenlinse. Das von den Linsen erzeugte Bild verläuft entlang der Netzhaut. Dort befinden sich Sinneszellen (Stäbchen und Zäpfchen), welche die einfallenden Lichtstrahlen absorbieren und entsprechende Signale über den Sehnerv gebündelt ans Gehirn weiterleiten.
Damit das Bild wahrgenommen werden kann, muss genügend Licht auf die Netzhaut gelangen. Dabei wird über die Größe die Pupille geregelt, wie viel Licht ins Auge fällt; Die Pupille verengt sich, wenn zu viel Licht ins Auge gelangt und die Sinneszellen der Netzhaut schädigen könnte („Adaption“). Ebenso werden durch die Regenbogenhaut Lichtstrahlen ausgeblendet, die ansonsten auf den Rand der Linse treffen und aufgrund der sphärischen Abberation ein unscharfes Bild erzeugen könnten.
Wie man am Verlauf der Lichtstrahlen im Auge erkennen kann, erzeugt die Augenlinse auf der Netzhaut ein umgekehrtes und seitenvertauschtes Bild. Erst im Gehirn findet (unbewusst) ein „Umdenken“ statt, das aus den empfangenen Bildsignalen wiederum ein aufrechtes Bild konstruiert.[1]
Die Hornhaut des Auges hat eine Brechkraft von etwa , die
Brechkraft der (entspannten) Augenlinse beträgt etwa
. Bei
Bedarf kann der Ringmuskel beim Betrachten naher Gegenstände die Brechkraft der
Augenlinse um bis zu
erhöhen, wobei diese als
„Akkomodation“ bezeichnete Fähigkeit im Alter auf „nur“
abnehmen kann. In diesem Fall ist eine mit einer Sammellinse bestückten Brille
notwendig, um nahe liegende Gegenstände betrachten zu können.
Weit- und Kurzsichtigkeit
Zu den häufigsten Sehfehlern zählen die so genannte Weit- beziehungsweise Kurzsichtigkeit.
- Bei der Weitsichtigkeit ist der Augapfel „zu klein“, das von der Augenlinse erzeugte Bild liegt also hinter der Netzhaut. In diesem Fall kann eine geeignete Sammellinse Abhilfe schaffen, welche die Brechkraft des sich ergebenden Linsensystems erhöht beziehungsweise seine Brennweite reduziert.
- Bei der Kurzsichtigkeit ist der Augapfel „zu groß“, das von der Augenlinse erzeugte Bild liegt also vor der Netzhaut. In diesem Fall kann eine geeignete Zerstreuungslinse Abhilfe schaffen, welche die Brechkraft des sich ergebenden Linsensystems herabsetzt beziehungsweise seine Brennweite erhöht.
Beide Sehfehler können angeboren sein, wenn die Größe des Augapfels von der „normalen“ Größe abweicht. Ebenso kann bei der Kurzsichtigkeit die Augenlinse zu stark beziehungsweise bei der Kurzsichtigkeit zu schwach gekrümmt sein.
Bei der Weitsichtigkeit kann auch ein altersbedingtes Nachlassen des Ringmuskels beziehungsweise einer Verhärtung der Augenlinse zu einer zu schwachen Brechkraft der Augenlinse führen. In diesem Fall kann die Augenlinse nicht mehr stark genug gekrümmt („akkomodiert“) werden, um auch nahe Gegenstände scharf abbilden zu können; in diesem Fall spricht man von einer „Altersweitsichtigkeit“. Sie kann ebenso wie eine angeborene Weitsichtigkeit durch eine Sammellinse mit geeigneter Brechkraft ausgeglichen werden.
Der Sehwinkel und das Auflösungsvermögen
Wie groß ein Gegenstand wahrgenommen wird, hängt von der Größe seines Bildes ab, das auf der Netzhaut entsteht. Die Größe des Bildes kann zeichnerisch bestimmt werden, indem vom Gegenstand ausgehende Mittelpunktstrahlen eingezeichnet werden. Der Winkel, den diese Strahlen einschließen, wird als Sehwinkel bezeichnet.
Je kleiner der Sehwinkel ist, desto kleiner erscheint auch das Bild des
betrachteten Gegenstands auf der Netzhaut. Der minimale Sehwinkel, der nötig
ist, um zwei Gegenstandspunkte als räumlich voneinander getrennt wahrnehmen zu
können, wird als Auflösungsvermögen (eines optischen Geräts) bezeichnet. Beim
menschlichen Auge ist ein Sehwinkel von etwa einem Sechzigstel Grad (einer
Bogenminute) nötig, um zwei verschiedene Sinneszellen auf der Netzhaut zu reizen
und somit zwei Gegenstandspunkte getrennt voneinander wahrnehmen zu können (der
Abstand zwischen den Sinneszellen auf der Netzhaut beträgt etwa
). Ein normalsichtiges Auge kann damit im Abstand der so
genannten deutlichen Sehweite
üblicherweise zwei
voneinander entfernte Punkte noch getrennt wahrnehmen.
Der Sehwinkel kann über folgenden Zusammenhang bestimmt werden
Für kleine Sehwinkel gilt im Bogenmaß
näherungsweise
und somit:
Eine Möglichkeit zur Vergrößerung des Sehwinkels besteht darin, den betrachteten
Gegenstand an das Auge anzunähern oder umgekehrt. Ein normalsichtiges Auge kann
allerdings nur bis zu einem Abstand von rund
scharf stellen; über einen längeren Zeitraum wird dieses angespannte Sehen zudem
als anstrengend empfunden. Als angenehmer wird für die Betrachtung kleiner
Gegenstände die Verwendung eines optischen Geräts, beispielsweise einer
Lupe, empfunden. Die Vergrößerung entsteht in diesem Fall dadurch, dass der
betrachtete Gegenstand mit einem solchen Hilfsmittel unter einem größeren
Sehwinkel erscheint. Formal lässt sich die Vergrößerung
eines
optischen Geräts folgendermaßen definieren:
Das Kepler-Fernrohr¶
Ein Kepler-Fernrohr („Teleskop“) besteht im Wesentlichen aus einer großen, schwach gekrümmten Sammellinse als Objektiv und einer verhältnismäßig kleinen, stärker gekrümmten Sammellinse als Okular.[2]
Gewöhnlich betrachtet man mit einem Kepler-Fernrohr sehr weit entfernte Gegenstände, die sich weit außerhalb der doppelten Brennweite des Objektivs befinden. Die Objektivlinse erzeugt in diesem Fall ein verkleinertes, umgekehrtes und seitenvertauschtes Bild des Gegenstands im Inneren des Teleskops. Dieses wird durch das Okular, das wie eine Lupe wirkt, vergrößert betrachtet.[3]
Insgesamt ergibt sich bei einem Kepler-Fernrohr eine Vergrößerung, die dem
Verhältnis der Brennweite des Objektivs zur Brennweite
des Okulars entspricht:
(1)¶
Neben der (verhältnismäßig geringen) Vergrößerung des Sehwinkels bewirkt das Linsensystem eines Kepler-Fernrohrs, dass die gesamte auf das Objektiv einfallende Lichtmenge auf die deutlich kleinere Okularlinse gebündelt und und damit vom Auge wahrgenommen wird; das vom Fernrohr erzeugte Bild erscheint somit heller.
Die Mindestlänge eines Kepler-Fernrohrs ist gleich der
Summe der Brennweiten des Objektivs und Okulars, also
. Der Grund hierfür ist, dass sich das erzeugte
Zwischenbild (knapp) außerhalb der Brennweite
des
Objektivs und nahezu an der Brennweite
des Okulars
befindet.
Das Lichtmikroskop¶
Bei einem Lichtmikroskop wird mittels einer starken Lichtquelle, die sich im Sockel des Mikroskops befindet, ein auf einem Mikroskoptisch liegendes Präparat durchleuchtet. Dieser Gegenstand wird durch ein System aus zwei Sammellinsen (Objektiv und Okular) betrachtet.
Die Entfernung des betrachteten Gegenstands zum Objektiv wird durch eine Höhenverstellung des Mikroskoptischs so eingestellt, dass die Entfernung des Gegenstands zwischen der einfachen und der doppelten Brennweite des Objektivs liegt. Das Objektiv erzeugt in diesem Fall ein vergrößertes, umgekehrtes und seitenvertauschtes Bild des Gegenstands innerhalb des Tubus.

Strahlengang in einem Lichtmikroskop. Die violetten Pfeile zeigen die Größe des Bildes auf der Netzhaut beziehungsweise den Sehwinkel ohne Mikroskop an.
Durch das Okular, das wie eine Lupe wirkt, wird das vom Objektiv erzeugte (Zwischen-)Bild unter einer nochmaligen Vergrößerung betrachtet. Die gesamte Vergrößerung des Mikroskops entspricht dem Produkt der Vergrößerungen von Objektiv und Okular.
Das Galilei-Fernrohr¶
Ein Galilei-Fernrohr besteht im Wesentlichen aus einer großen, schwach gekrümmten Sammellinse als Objektiv und einer verhältnismäßig kleinen, wesentlich stärker gekrümmten Zerstreuungslinselinse als Okular.
Gewöhnlich betrachtet man mit einem Galilei-Fernrohr sehr weit entfernte Gegenstände, die sich weit außerhalb der doppelten Brennweite des Objektivs befinden. Im Gegensatz zum Kepler-Fernrohr schneiden sich jedoch die von der Objektivlinse gebündelten Lichtstrahlen nicht innerhalb des Fernrohrs; vielmehr werden die einfallenden Strahlen durch das Okular wieder so gestreut, dass sie parallel zu den ursprünglichen Strahlen verlaufen.
Ein Galilei-Fernrohr erzeugt also kein Zwischenbild, sondern vergrößert
lediglich den Sehwinkel, unter dem der betrachtete Gegenstand erscheint. Die
Vergrößerung eines Galilei-Fernrohrs kann – ebenso wie bei einem
Kepler-Fernrohr – anhand der (positiven) Brennweiten
und
der beiden Linsen berechnet werden:
(2)¶
Die Mindestlänge eines Kepler-Fernrohrs ist gleich der
Differenz der Brennweiten des Objektivs und Okulars, also
. Der Grund hierfür ist, dass die
Brennweite der Okularlinse so gewählt wird, dass die Brennpunkte beider Linsen
zusammenfallen. Auf diese Weise werden parallel einfallende Lichtstrahlen beim
Durchlaufen des Fernrohrs wiederum auf parallele Strahlen abgebildet.
Anmerkungen:
[1] | Diese Fähigkeit ist bei neugeborenen Kindern in den ersten Lebenstagen noch nicht vorhanden; es dauert etwa eine Woche, bis die Sinneswahrnehmungen des Auges vom Gehirn „richtig“ verarbeitet werden. Mittels einer so genannten „Umkehrbrille“ kann die gegenteilige Erfahrung auch im späteren Lebensalter experimentell nochmals nachempfunden werden. |
[2] | Die zum beobachteten Gegenstand (Objekt) hin gerichtete Linse bezeichnet man als „Objektiv“, die sich am Auge befindende Linse als „Okular“. |
[3] | Damit das Okular wie eine Lupe wirkt, muss sich das betrachtete
Zwischenbild innerhalb der einfachen Brennweite, also zwischen der Linse und
dem zugehörigen Brennpunkt ![]() |
Hinweis
Zu diesem Abschnitt gibt es Übungsaufgaben.