Lichtbrechung¶
Trifft Licht auf die Grenzfläche zweier Stoffe, so wird es zum Teil reflektiert, zum Teil verändert es an der Grenze beider Stoffe seine Richtung. Senkrecht auftreffendes Licht ändert seine Richtung nicht.
Das Brechungsgesetz¶
Um das Brechungsgesetz zu formulieren, zeichnet man an der Stelle, an der das Licht auftrifft, eine Gerade senkrecht zur Grenzfläche. Der Winkel zwischen dieser Senkrechten und dem einfallenden Strahl wird Einfallswinkel , der Winkel zwischen der Senkrechten und dem gebrochenen Strahl Brechungswinkel genannt.
Brechzahl und Brechungsgesetz
Die Sinus-Werte der Einfallswinkel und Brechungswinkel, und , stehen im gleichen Verhältnis zueinander wie die Geschwindigkeiten und , die das Licht in den jeweiligen Stoffen erreichen kann. Breitet sich das Licht zunächst in Luft bzw. Vakuum aus und trifft auf ein transparentes Material, so ergibt das Verhältnis der Winkelgrößen einen konstanten, vom Material abhängigen Wert, der als (absolute) Brechzahl bezeichnet wird:
(1)¶
Die (absolute) Brechzahl gegenüber dem Vakuum ist eine für jeden Stoff charakteristische Materialeigenschaft.[1] Sie gibt gleichzeitig das Verhältnis der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum zur die Lichtgeschwindigkeit im jeweiligen Stoff an:
(2)¶
Für die Brechzahl von Vakuum gilt nach der obigen Formel , für die Brechzahl von Luft in sehr guter Näherung ebenfalls.[2] In allen optischen Medien breitet sich das Licht mit geringerer Geschwindigkeit aus, so dass die (absoluten) Brechzahlen aller Materialien gilt.
Die unterschiedlichen Brechzahlen verschiedener Materialien, die in vielen Lehrbüchern und in tabellarischer Form abgedruckt sind, können bei optischen Versuchen zur Materialbestimmung genutzt werden.
Stoff | Brechzahl |
Eis | |
Wasser | |
Quarzglas | |
Plexiglas | |
Flintglas | |
Diamant |
Tritt ein Lichtstrahl von einem Stoff mit der Brechzahl in einen anderen Stoff mit einer höheren Brechzahl über, so wird er zur Senkrechten hin gebrochen. In diesem Fall gibt die so genannte relative Brechzahl an, in welchem Verhältnis die Sinus-Werte des Einfalls- und Brechungswinkels stehen:
(3)¶
Beispiel:
Licht breitet sich in Glas oder Wasser langsamer aus als in Luft. Das Verhältnis der Lichtgeschwindigkeit in Luft zu der in Lichtgeschwindigkeit in Wasser ist daher größer als :
Das bedeutet nichts anderes, als dass der Einfallswinkel des Lichts um den Faktor größer ist als der Brechungswinkel . Das Licht wird zur senkrechten Gerade hin gebrochen.
Die Totalreflexion
Tritt ein Lichtstrahl von einem optischen Medium mit hoher Brechzahl in einen anderen Stoff mit niedriger Brechzahl über, so wird er von der Senkrechten weg gebrochen; der Brechungswinkel ist in diesem Fall größer als der Einfallswinkel . Konkret gilt:
(4)¶
Bei einem bestimmten, von den beiden Materialien abhängigen Einfallswinkel nimmt der Brechungswinkel den Wert an. In diesem Fall kann der einfallende Lichtstrahl nicht mehr aus dem optisch dichteren Medium in das optisch dünnere Medium übergehen, sondern wird reflektiert beziehungsweise verläuft längs der Grenzfläche beider Medien. Da hierbei gilt, vereinfacht sich die obige Gleichung (4) zu folgender Formel:
Mit Hilfe eines Taschenrechners kann die Umkehrfunktion des Sinus („Arcus-Sinus“) und somit der Grenzwinkel für das Auftreten von Totalreflexion anhand der beiden Brechzahlen und berechnet werden:[3]
(5)¶
Hierbei ist zu beachten, dass bei der Totalreflexion die Brechzahl des optisch dichteren und die Brechzahl des optisch dünneren Mediums bezeichnet, also und somit gilt. Andernfalls kann keine Totalreflexion stattfinden.
Beispiel:
- Für den Übergang eines Lichtstrahls von Wasser in Luft ist und . Somit ergibt und .
- Für den Übergang eines Lichtstrahls von Quarzglas in Wasser ist und . Somit ergibt und .
Je größer der Unterschied der Brechzahlen und ist, desto kleiner ist der Grenzwinkel , ab dem Totalreflexion auftritt. Ist der Einfallswinkel größer als der Grenzwinkel , so wird der Lichtstrahl an der Grenzfläche vollständig gemäß dem Reflexionsgesetz zurückgeworfen. Diese Eigenschaft wird zur Konstruktion von optischen Glasfaser- bzw. Kunstfaserkabeln als so genannte „Lichtleiter“ genutzt.
Damit der Einfallswinkel an der Längswand stets groß genug ist, muss ein Lichtleiter möglichst dünn sein und darf nicht zu stark gebogen werden. Eine einzelne Faser eines Lichtleiter-Bündels hat meist einen Durchmesser von etwa .
Doppelte Lichtbrechung an einer ebenen Platte
Beim Durchgang durch eine ebene Platte, beispielsweise eine Glasscheibe, wird ein Lichtstrahl zweimal gebrochen: Beim Eintritt wird der Strahl zur Senkrechten hin, beim Austritt von der Senkrechten weg gebrochen. Da die Brechzahlen und somit die Ablenkungen in beiden Fällen gleich sind, erfährt der Lichtstrahl insgesamt nur eine parallele Verschiebung. In vielen Fällen, insbesondere bei dünnen Scheiben, kann der Effekt vernachlässigt und der doppelt gebrochene Lichtstrahl durch einen einzelnen, geraden Lichtstrahl ersetzt werden.
Eine Totalreflexion kann in diesem Fall nicht auftreten, da der Austrittswinkel des Lichtstrahls gleich dem Eintrittswinkel ist und für diesen (von der Senkrechten aus gemessen) stets gilt.
Doppelte Lichtbrechung an einem Prisma
Fällt ein Lichtstrahl auf ein Prisma, so wird er ebenfalls zweimal gebrochen – einmal beim Eintritt in das Prisma (Übergang Luft -> Glas) und ein weiteres mal beim Austritt aus dem Prisma (Übergang Glas -> Luft). Da die beiden Grenzflächen gegeneinander geneigt sind, wird wird der Lichtstrahl insgesamt zum dickeren Ende des Prismas hin abgelenkt.
Umso größer der Keilwinkel des Prismas ist (d.h. je stumpfer das Prisma ist), desto stärker ist der Winkel , um den der einfallende Lichtstrahl abgelenkt wird.
Bei sehr stumpfen Prismen ist sogar eine Totalreflexion des einfallenden Lichts an dem Lichtstrahl gegenüber liegenden Fläche auftreten. Hierbei kann eine Ablenkung des Lichts um bzw. erreicht werden. Derartige „Umkehrprismen“ werden beispielsweise in Fernrohre oder Fotokameras eingebaut, um eine Umlenkung bzw. Vertauschung parallel einfallender Strahlen zu erreichen.
Optische Linsen¶
Geschliffene Gläser können einfallende Lichtstrahlen – je nach Bauform – bündeln oder zerstreuen. Solche glasartigen Körper, die meist kreisförmig sind und eine bestimmte Krümmung aufweisen, werden als „optische Linsen“ bezeichnet. Ein bekanntes Beispiel ist die Lupe, mit deren Hilfe man ein vergrößertes Bild eines Gegenstandes erhalten kann.
Um die Bildentstehung an einer optischen Linse zu erklären, verwendet man (weitestgehend) die gleichen Begriffe wie bei der Beschreibung von gekrümmten Spiegeln:
Optische Achse:
Die Gerade, die durch die Mitte der Linse verläuft und senkrecht zur Linsenebene steht, heißt optische Achse.
Parallelstrahlen:
Alle Strahlen, die parallel zur optischen Achse auf eine optische Linse treffen, heißen Parallelstrahlen. Sie werden durch die Linse gesammelt beziehungsweise zerstreut und schneiden sich in einem gemeinsamen Punkt hinter bzw. vor der Linse. Dieser Punkt auf der optischen Achse wird Brennpunkt genannt.
Der Abstand zwischen Linsenmittelpunkt und einem Brennpunkt wird Brennweite genannt. Die Brennweite einer optischen Linse ist umso größer, desto flacher die Linse ist.
Brennpunktstrahlen:
Alle Strahlen, die durch einen Brennpunkt einer optischen Linse verlaufen, werden durch die Linse so gebrochen, dass sie hinter der Linse parallel zur optischen Achse verlaufen.
Mittelpunktstrahlen:
Strahlen, die durch den Linsenmittelpunkt verlaufen, werden beim Eintritt in das Linsenglas ebenso stark gebrochen wie beim Austritt. Mittelpunktstrahlen werden daher nur leicht parallel verschoben (bei dünnen Linsen kaum erkennbar). In guter Näherung durchlaufen Mittelpunktstrahlen die Linse somit unverändert.
Zeichnet man für einen beliebigen Gegenstandspunkt zwei oder drei der oben genannten Strahlen ein, so erhält man den passenden Bildpunkt als Schnittpunkt der Strahlen.
Bildentstehung an einer Sammellinse
Bei der Abbildung eines Gegenstandes durch eine Sammellinse hängen Lage und Größe des Bildes von der Entfernung des Gegenstands zur Linse und von deren Brennweite ab.
Nähert man einen Gegenstand einer Sammellinse aus weiter Entfernung, so entfernt sich auch das Bild von der Sammellinse. Sammellinsen erzeugen umgekehrte, seitenvertauschte Bilder von Gegenständen, wenn sich diese außerhalb der Brennweite befinden.
Zur Konstruktion des Bildes genügen wiederum die von einem Gegenstandspunkt ausgehenden Brennpunkt- und Parallelstrahlen, die durch die Sammellinse wiederum auf Parallel- bzw. Brennpunktstrahlen abgebildet werden. Der Schnittpunkt der gebrochenen Strahlen entspricht der Lage des Bildes.
Nähert man einen Gegenstand vom Brennpunkt her einer Sammellinse, so nähert sich auch das Bild der Sammellinse. Sammellinsen erzeugen vergrößerte und aufrechte Bilder der Gegenstände, wenn sie sich innerhalb der Brennweite befinden (Lupeneffekt).
Zur Konstruktion des Bildes zeichnet man die einem Gegenstandspunkt ausgehenden Bildstrahlen hinter der Sammellinse weiter. Dabei ist zu beachten, dass Brennpunktstrahlen zu Parallelstrahlen werden und Mittelpunktstrahlen stets senkrecht auf die Linse treffen und diese somit ohne Lichtbrechung durchlaufen. Die Lage des Bildes entspricht dem Schnittpunkt der so verlängerten Parallel- bzw. Mittelpunktstrahlen hinter dem Gegenstand.
Aufgrund ihrer vergrößernden Wirkung werden flache Sammellinsen (mit einer großen Brennweite) unter anderem als Lupen und Objektive verwendet.
Bildentstehung an einer Zerstreuungslinse
Eine Zerstreuungslinse erzeugt stets aufrechte, verkleinerte Bilder. Nähert man einen Gegenstand an die Linsenoberfläche an, so bewegt sich auch das Bild des Gegenstands auf die Linse zu und wird dabei größer; es bleibt jedoch stets kleiner als das Original.
Zur Konstruktion des Bildes zeichnet man zu einem Gegenstandspunkt wiederum einen Parallel- und einen Brennpunktstrahl ein. Der Parallelstrahl wird durch die Zerstreuungslinse so gebrochen, dass die nach hinten gerichtete Verlängerung des Strahls durch den Brennpunkt verläuft. Das (stets verkleinerte) Bild befindet sich am Schnittpunkt des so verlängerten Parallelstrahls mit dem Mittelpunktstrahl zwischen dem Gegenstand und der Linse.
Anmerkungen:
[1] | Manchmal wird die Brechzahl auch Brechungsindex genannt. Für kleine Einfallswinkel , also annähernd senkrechten Lichteinfall, kann die so genannte „Kleinwinkelnäherung“ genutzt werden (sofern im Bogenmaß angegeben wird). In diesem Fall gilt: Für steilere Einfallswinkel muss hingegen stets mit dem Brechungsgesetz in der allgemeinen Form (3) gerechnet werden. |
[2] | Transparente Materialien mit einem hoher Brechzahl werden oftmals als „optisch dicht“, Materialien mit einer niedrigeren Brechzahl entsprechend als „optisch dünn“ bezeichnet. |
[3] | Exakt beträgt die Brechzahl laut Wikipedia (Brechungsindex) von Luft bei Normalbedingungen . Starke Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen können zu Abweichungen führen und optische Effekte verursachen (beispielsweise Fata Morgana). |
Hinweis
Zu diesem Abschnitt gibt es Experimente und Übungsaufgaben.