Wurfbewegungen

Im folgenden Abschnitt werden zunächst eindimensionale, später auch zweidimensionale Wurfbewegungen näher beschrieben. Als Vereinfachung soll dabei der Luftwiderstand vernachlässigt werden.

Alle Wurfbewegungen haben die Gemeinsamkeit, dass die geworfenen Objekte eine Beschleungigung von g=\unitfrac[9,81]{m}{s^2} („Erdbeschleunigung“) in Richtung des Erdmittelpunkts erfahren. Die einzelnen Wurfbewegungen unterscheiden sich also lediglich hinsichtlich ihrer Startbedingungen.

Freier Fall

Als „freien Fall“ bezeichnet man einen Bewegungsvorgang, bei dem ein Objekt mit einer Anfangsgeschwindigkeit von v_0=0 in einer Höhe h = s_0 startet und konstant mit der Erdbeschleunigung g=
\unitfrac[9,81]{m}{s^2} beschleunigt wird; der Luftwiderstand wird dabei vernachlässigt.

Durch die konstante Beschleunigung wird das fallende Objekt mit der Zeit kontinuierlich beschleunigt. Beginnt der Vorgang zur Zeit t_0=0, so gilt für die Geschwindigkeit v des Objekts in Abhängigkeit von der Zeit:

v(t) = -g \cdot t

Für die zurückgelegte Wegstrecke \Delta s beziehungsweise den Ort s gilt entsprechend mit v_0 = 0:

\Delta s &= - \frac{1}{2} \cdot g \cdot t^2 \\[5pt]
s(t) &= - \frac{1}{2} \cdot g \cdot t^2 + s_0\\

Beim Aufprall auf dem Boden gilt s(t)=0; daraus lässt sich die Falldauer beziehungsweise die Geschwindigkeit v_{\mathrm{max}} beim Aufprall berechnen:

s(t) = 0 \quad \Longleftrightarrow \quad \frac{1}{2} \cdot g \cdot
t_{\mathrm{max}}^2 = s_0 \\
t_{\mathrm{max}} = \sqrt{\frac{2 \cdot s_0}{g}}

v_{\mathrm{max}} = -g \cdot t_{\mathrm{max}} = - g \cdot \sqrt{\frac{2 \cdot
s_0}{g}} = - \sqrt{\frac{2 \cdot s_0 \cdot g^2}{g}} = - \sqrt{2 \cdot s_0
\cdot g}

  • Gilt für die konstante Beschleunigung a < 0, so ist die (Halb-)Parabel nach unten hin geöffnet.

    • Ohne Anfangsgeschwindigkeit (v_0=0) findet eine beschleunigte Bewegung in negative s-Richtung statt.
    • Mit einer Anfangsgeschwindigkeit v_0 > 0 ergibt sich ein kontinuierliches Abbremsen, wobei der Scheitel der Halbparabel den Bremsweg angibt:

    s(t) = v_{\mathrm{0}} \cdot t - \frac{1}{2} \cdot a \cdot t^2

    Bleibt nach einem vollständigen Abbremsen – wie bei einem senkrechten Wurf nach oben – die Beschleunigung a<0 weiterhin bestehen, so findet anschließend eine beschleunigte Bewegung in negativer s-Richtung statt. Kann der Luftwiderstand vernachlässigt werden, so spricht man bei diesem Vorgang von einem „freien Fall“ mit |g|=\unit[9,81]{\frac{m}{s^2}} und v_0 = 0.

Beispiel:

  • Der Schacht eines Brunnens hat eine Tiefe von h=\unit[-40]{m}. Wie lange dauert es, bis aus der Höhe h_0 = \unit[0]{m} fallender ein Stein im freien Fall (ohne Luftwiderstand) am Grund des Schachtes ankommt? Wie groß ist seine Geschwindigkeit v beim Aufprall?

    Die Bewegung des Steins entspricht einem freien Fall mit der Beschleunigung |g|=\unitfrac[9,81]{m}{s^2} und der Anfangsgeschwindigkeit v_0=0. Für die vom Stein zurückgelegte Wegstrecke \Delta s gilt dabei:

    \Delta s = - \frac{1}{2} \cdot g \cdot \Delta t^2

    Der Vorgang endet, wenn eine Strecke von \Delta s=\unit[-40]{m} durchlaufen wurde (das negative Vorzeichen ergibt sich, wenn eine Bewegung nach oben als „positiv“ deklariert wird). Für die Fallzeit \Delta t gilt also:

    \Delta t = \sqrt{\frac{2 \cdot \Delta s}{-g}} = \sqrt{\frac{2 \cdot
(\unit[-40]{m})}{\unit[-9,81]{\frac{m}{s^2}}}} \approx \unit[2,86]{s}

    In dieser Zeit erreicht der Stein folgende Geschwindigkeit:

    v = -g \cdot t = -\unit[9,81]{\frac{m}{s^2}} \cdot \unit[2,86]{s} \approx
\unit[-28,0]{\frac{m}{s}}

    Der Stein erreicht beim Aufprall unter Vernachlässigung des Luftwiderstands somit eine Geschwindigkeit von rund \unit[28]{\frac{m}{s}}; das entspricht rund \unit[100]{\frac{km}{h}}.

Senkrechter Wurf nach oben

Wird ein Objekt senkrecht nach oben geworfen, so startet es in der z-Richtung mit einer positiven Anfangsgeschwindigkeit v_0; gleichzeitig wird es durch die Erdbeschleunigung in die entgegengesetzte Richtung beschleunigt. Beginnt der Vorgang wiederum zur Zeit t_0=0, so gilt für die Geschwindigkeit v des Objekts in Abhängigkeit von der Zeit:

v(t) = -g \cdot t + v_0

Als Annahme soll zunächst gelten, dass das Objekt in einer Höhe von s_0 =
0 abgeworfen wird. Dann gilt für den Ort s in Abhängigkeit von der Zeit:

s(t) &= - \frac{1}{2} \cdot g \cdot t^2 + v_0 \cdot t\\

Aus den beiden obigen Gleichungen kann man die maximale Steighöhe s
_{\mathrm{max}} berechnen. Die zum Erreichen dieser Höhe benötigte Zeit t_{\mathrm{max}} lässt sich anhand der ersten Gleichung bestimmen; an diesem Punkt ist nämlich die Geschwindigkeit des Objekts gleich Null:

v_{\mathrm{0}} - g \cdot t_{\mathrm{max}} = 0 \quad \Leftrightarrow \quad
t_{\mathrm{max}} = \frac{v_0}{g}

Setzt man diesen Term für t_{\mathrm{max}} in die zweite Gleichung ein, so kann man entsprechend die maximale Steighöhe s_{\mathrm{max}} berechnen:

s_{\mathrm{max}} &= v_0 \cdot t_{\mathrm{max}} - \frac{1}{2} \cdot g \cdot
t_{\mathrm{max}}^2 \\ &= v_{\mathrm{0}} \cdot \frac{v_0}{g} - \frac{1}{2}
\cdot g \cdot \left( \frac{v_0}{g}\right)^2 \\
&= \frac{\phantom{..} v_0^2 \phantom{.}}{g} - \frac{1}{2} \cdot
\frac{\phantom{..}v_0^2 \phantom{.}}{g} \\[6pt]
&= \frac{v_0^2}{2 \cdot g}

Nach der doppelten Zeit, also 2 \cdot t_{\mathrm{max}}, kommt das Objekt wieder auf dem Boden an. Dies kann man beispielsweise überprüfen, indem man in der Weg-Zeit-Gleichung s(t) = 0 setzt und die Gleichung nach t auflöst. (Der Luftwiderstand wird dabei vernachlässigt.)

Die Wegstrecke wird beim Herunterfallen in der gleichen Weise durchlaufen wie beim Hochwerfen, nur zeitlich umgekehrt. Entsprechend ist auch die Geschwindigkeit des Objekts, sofern kein Luftwiderstand auftritt, vor Aufprall wieder gleich der ursprünglichen Geschwindigkeit v_0.

Senkrechter Wurf nach unten

Kann ein geworfenes Objekt – beispielsweise im Anschluss an einen senkrechten Wurf nach oben – nach dem Erreichen seiner Ausgangslage weiter herab fallen, so führt ab diesem diesem Zeitpunkt einen so genannten senkrechten Wurf nach unten aus; seine Anfangsgeschwindigkeit beträgt dabei -v_0.

Für die Geschwindigkeit v des Objekts gilt in Abhängigkeit von der Zeit t:

v(t) = - g \cdot t - v_0

Für den Ort des Objekts gilt im zeitlichen Verlauf entsprechend:

s(t) = -\frac{1}{2} \cdot g \cdot t^2 -v_0 \cdot t + s_{\mathrm{z,0}}

Das Koordinatensystem wurde ursprünglich so festgelegt, dass sich der Nullpunkt der z-Achse in Höhe der Abwurfstelle, also in einer Höhe s_{\mathrm{z,0}} über dem Boden befindet. Das Objekt kann beim senkrechten Wurf nach unten somit maximal die Wegstrecke \Delta
s_{\mathrm{z,0}} zurücklegen; erreicht es den Boden, so ist s(t)=0: Damit erhält man als Gleichung:

-z_0 = -v_0 \cdot t - \frac{1}{2} \cdot g \cdot t^2 \quad \Leftrightarrow
\quad \frac{1}{2} \cdot g \cdot t^2 + v_0 \cdot t - z_0 = 0

Diese quadratische Gleichung für t_{\mathrm{max}} kann folgendermaßen mit Hilfe der Lösungsformel für quadratische Gleichungen gelöst werden:

t_{\mathrm{max}} = \frac{-v_0 + \sqrt{v_0^2 + 2 \cdot g \cdot z_0}}{g}

Setzt man diese Zeit t in die Geschwindigkeit-Zeit-Gleichung ein, so folgt für die Geschwindigkeit v des Gegenstands unmittelbar vor dem Aufprall auf den Boden:

v_{\mathrm{max}} &= -v_0 - g \cdot \left(\frac{-v_0 + \sqrt{v_0^2 + 2 \cdot g
\cdot z_0}}{g}\right) \\[5pt]
&= -v_0 \;\;\; - \;\; \big( -v_0 + \sqrt{v_0^2 + 2 \cdot g \cdot z_0}\big)
\\[8pt]
&= - \sqrt{v_0^2 + 2 \cdot g \cdot z_0}

Gilt im Speziellen für die Anfangsgeschwindigkeit v_0 = 0, so entspricht das Ergebnis v = \sqrt{2 \cdot g \cdot z_0} der Geschwindigkeit des Objekts beim freien Fall.

Waagrechter Wurf

Wird ein Objekt von einer erhöhten Position s_{\mathrm{z,0}} = z_0 aus waagrecht geworfen, so bewegt er sich – unter Vernachlässigung des Luftwiderstands – entlang der horizontalen x-Richtung mit seiner ursprünglichen Geschwindigkeit v_{\mathrm{0}} = v_{\mathrm{x}} fort. In der vertikalen Richtung findet gleichzeitig eine gleichmäßig beschleunigte Bewegung entgegen der z-Achse statt; die Anfangsgeschwindigkeit in dieser Richtung ist v_{\mathrm{z,0}} = 0.

Für den Vektor \vec{v} der Geschwindigkeit gilt somit in Abhängigkeit von der Zeit t:

\vec{v} = \begin{pmatrix} v_{\mathrm{x}} \\ v_{\mathrm{z}} \\ \end{pmatrix} =
\begin{pmatrix} v_0 \\ - g \cdot t \end{pmatrix}

Die maximale Flugzeit t_{\mathrm{max}} lässt sich aus der z-Komponente des zurückgelegten Weges bestimmen: Gilt s_{\mathrm{z}}
= 0, so ist das Objekt auf dem Boden aufgekommen. Für die zugehörige Zeit t_{\mathrm{max}} gilt somit:

- \frac{1}{2} \cdot g \cdot t_{\mathrm{max}} + z_0 = 0 \quad
  \Leftrightarrow \quad t_{\mathrm{max}} = \sqrt{\frac{2 \cdot z_0}{g}}

Mit diesem Ergebnis lässt sich aus der x-Komponente der Bewegung die maximale Wurfweite s_{\mathrm{x,max}} bestimmen:

s_{\mathrm{x,max}} = v_{\mathrm{0}} \cdot t_{\mathrm{max}} = v_0  \cdot \sqrt{\frac{2
\cdot z_{\mathrm{0}}}{g}}

Schräger Wurf

Bei einem schrägen Wurf wird ein Objekt in einem Winkel \alpha gegenüber der Horizontalen abgeworfen (0 < \alpha < 90\degree). Für die Komponenten v_{\mathrm{\mathrm{0x}}} und v_{\mathrm{0z}} der Geschwindigkeit v_0 des Objekts gilt beim Abwurf:

\vec{v}_0 = \begin{pmatrix}
v_{\mathrm{\mathrm{0x}}} \\
v_{\mathrm{0z}} \\
\end{pmatrix} = \begin{pmatrix}
v_0 \cdot \cos{(\alpha)}\\
v_0 \cdot \sin{(\alpha})\\
\end{pmatrix}

Ohne Luftwiderstand bleibt die horizontale Komponente der Geschwindigkeit unverändert. In vertikaler Richtung wird das Objekt hingegen – wie beim senkrechten Wurf nach oben – mit der Beschleunigung g=\unit[9,81]{m/s^2} zum Erdmittelpunkt hin beschleunigt. Für die Geschwindigkeit \vec{v} gilt somit in Abhängigkeit von der Zeit t:

\vec{v}(t) = \begin{pmatrix}
v_{\mathrm{x}}\\
v_{\mathrm{z}} \\
\end{pmatrix}
= \begin{pmatrix}
v_{\mathrm{\mathrm{0x}}} \\
v_{\mathrm{0z}} - g \cdot t
\end{pmatrix}

Es findet also eine Überlagerung einer Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit in x-Richtung und einer Bewegung mit konstanter Beschleunigung in z-Richtung statt. Für die in beiden Richtungen zurückgelegten Wegstrecken \Delta s_{\mathrm{x}} und \Delta s_{\mathrm{y}} gilt:

\Delta \vec{s} = \begin{pmatrix}
\Delta s_{\mathrm{x}}\\
\Delta s_{\mathrm{z}} \\
\end{pmatrix}
= \begin{pmatrix}
v_{\mathrm{0x}} \cdot t \\
v_{\mathrm{0z}} \cdot t - \frac{1}{2} \cdot g \cdot t^2
\end{pmatrix}

Im Folgenden wird wiederum zunächst angenommen, dass das Objekt aus einer Höhe s_{\mathrm{0z}} = \unit[0]{m} geworfen wird. Wie beim senkrechten Wurf gilt dann für die Zeit t, in welcher der Körper die maximale Steighöhe s_{\mathrm{z,max}} erreicht:

v_{\mathrm{0z}} - g \cdot t_{\mathrm{z,max}} = 0 \quad \Leftrightarrow \quad
t_{\mathrm{z,max}} = \frac{v_{\mathrm{0z}}}{g}

Setzt man diese Zeit in die Bewegungsgleichung für die z-Komponente ein, so folgt für die maximale Steighöhe s_{\mathrm{z,max}}:

s_{z,\mathrm{max}} = v_{\mathrm{0z}} \cdot \frac{v_{\mathrm{0z}}}{g} - \frac{1}{2}
\cdot g \cdot \left( \frac{v_{\mathrm{0z}}}{g} \right)^2 = \frac{v_{\mathrm{0z}}^2}{g} -
\frac{1}{2} \cdot g \cdot \frac{v_{\mathrm{0z}}^2}{g^2} = \frac{v_{\mathrm{0z}}^2}{2 \cdot g}

Die Wurfbahn ist (ohne Luftwiderstand) parabelförmig und damit symmetrisch; die Zeit bis zum Aufprall auf dem Boden muss somit doppelt so lang sein wie die Zeit t_{\mathrm{z,max}} zum Erreichen der maximalen Steighöhe. In dieser Zeit erreicht das Objekt in horizontaler Richtung folgende Entfernung:

s_{\mathrm{x,max}} = v_{\mathrm{0x}} \cdot (2 \cdot t_{\mathrm{z,max}}) = v_0 \cdot
\cos{\alpha} \cdot 2 \cdot \frac{v_0 \cdot \sin{\alpha}}{g} = \frac{v_0^2
\cdot 2 \cdot \sin{\alpha} \cdot \cos{\alpha}}{g} = \frac{v_{\mathrm{0}}^2
\cdot \sin{(2 \cdot \alpha)}}{g}

Hierbei wurde im letzten Rechenschritt das Additionstheorem für Sinus-Funktionen genutzt. Die Wurfweite ist also – ebenfalls wie die Wurfhöhe – vom Wurfwinkel \alpha abhängig. Für \alpha = 45\degree ist im obigen Fall \sin{(2 \cdot \alpha)} = \sin{(90 \degree)} = 1 und somit die Wurfweite maximal (s_{\mathrm{x \, max,45\degree}} = \frac{v_0^2}{g}).