.. _Wurfbewegungen: Wurfbewegungen ============== Im folgenden Abschnitt werden zunächst eindimensionale, später auch zweidimensionale Wurfbewegungen näher beschrieben. Als Vereinfachung soll dabei der Luftwiderstand vernachlässigt werden. Alle Wurfbewegungen haben die Gemeinsamkeit, dass die geworfenen Objekte eine Beschleungigung von :math:`g=\unitfrac[9,81]{m}{s^2}` ("Erdbeschleunigung") in Richtung des Erdmittelpunkts erfahren. Die einzelnen Wurfbewegungen unterscheiden sich also lediglich hinsichtlich ihrer Startbedingungen. .. index:: Freier Fall Freier Fall ----------- Als "freien Fall" bezeichnet man einen Bewegungsvorgang, bei dem ein Objekt mit einer Anfangsgeschwindigkeit von :math:`v_0=0` in einer Höhe :math:`h = s_0` startet und konstant mit der Erdbeschleunigung :math:`g= \unitfrac[9,81]{m}{s^2}` beschleunigt wird; der Luftwiderstand wird dabei vernachlässigt. Durch die konstante Beschleunigung wird das fallende Objekt mit der Zeit kontinuierlich beschleunigt. Beginnt der Vorgang zur Zeit :math:`t_0=0`, so gilt für die Geschwindigkeit :math:`v` des Objekts in Abhängigkeit von der Zeit: .. math:: v(t) = -g \cdot t Für die zurückgelegte Wegstrecke :math:`\Delta s` beziehungsweise den Ort :math:`s` gilt entsprechend mit :math:`v_0 = 0`: .. math:: \Delta s &= - \frac{1}{2} \cdot g \cdot t^2 \\[5pt] s(t) &= - \frac{1}{2} \cdot g \cdot t^2 + s_0\\ Beim Aufprall auf dem Boden gilt :math:`s(t)=0`; daraus lässt sich die Falldauer beziehungsweise die Geschwindigkeit :math:`v_{\mathrm{max}}` beim Aufprall berechnen: .. math:: s(t) = 0 \quad \Longleftrightarrow \quad \frac{1}{2} \cdot g \cdot t_{\mathrm{max}}^2 = s_0 \\ t_{\mathrm{max}} = \sqrt{\frac{2 \cdot s_0}{g}} .. math:: v_{\mathrm{max}} = -g \cdot t_{\mathrm{max}} = - g \cdot \sqrt{\frac{2 \cdot s_0}{g}} = - \sqrt{\frac{2 \cdot s_0 \cdot g^2}{g}} = - \sqrt{2 \cdot s_0 \cdot g} .. _Freier Fall: * Gilt für die konstante Beschleunigung :math:`a < 0`, so ist die (Halb-)Parabel nach unten hin geöffnet. - Ohne Anfangsgeschwindigkeit :math:`(v_0=0)` findet eine beschleunigte Bewegung in negative :math:`s`-Richtung statt. - Mit einer Anfangsgeschwindigkeit :math:`v_0 > 0` ergibt sich ein kontinuierliches Abbremsen, wobei der Scheitel der Halbparabel den Bremsweg angibt: .. math:: s(t) = v_{\mathrm{0}} \cdot t - \frac{1}{2} \cdot a \cdot t^2 Bleibt nach einem vollständigen Abbremsen -- wie bei einem senkrechten Wurf nach oben -- die Beschleunigung :math:`a<0` weiterhin bestehen, so findet anschließend eine beschleunigte Bewegung in negativer :math:`s`-Richtung statt. Kann der Luftwiderstand vernachlässigt werden, so spricht man bei diesem Vorgang von einem "freien Fall" mit :math:`|g|=\unit[9,81]{\frac{m}{s^2}}` und :math:`v_0 = 0`. *Beispiel:* * Der Schacht eines Brunnens hat eine Tiefe von :math:`h=\unit[-40]{m}`. Wie lange dauert es, bis aus der Höhe :math:`h_0 = \unit[0]{m}` fallender ein Stein im freien Fall (ohne Luftwiderstand) am Grund des Schachtes ankommt? Wie groß ist seine Geschwindigkeit :math:`v` beim Aufprall? Die Bewegung des Steins entspricht einem freien Fall mit der Beschleunigung :math:`|g|=\unitfrac[9,81]{m}{s^2}` und der Anfangsgeschwindigkeit :math:`v_0=0`. Für die vom Stein zurückgelegte Wegstrecke :math:`\Delta s` gilt dabei: .. math:: \Delta s = - \frac{1}{2} \cdot g \cdot \Delta t^2 Der Vorgang endet, wenn eine Strecke von :math:`\Delta s=\unit[-40]{m}` durchlaufen wurde (das negative Vorzeichen ergibt sich, wenn eine Bewegung nach oben als "positiv" deklariert wird). Für die Fallzeit :math:`\Delta t` gilt also: .. math:: \Delta t = \sqrt{\frac{2 \cdot \Delta s}{-g}} = \sqrt{\frac{2 \cdot (\unit[-40]{m})}{\unit[-9,81]{\frac{m}{s^2}}}} \approx \unit[2,86]{s} In dieser Zeit erreicht der Stein folgende Geschwindigkeit: .. math:: v = -g \cdot t = -\unit[9,81]{\frac{m}{s^2}} \cdot \unit[2,86]{s} \approx \unit[-28,0]{\frac{m}{s}} Der Stein erreicht beim Aufprall unter Vernachlässigung des Luftwiderstands somit eine Geschwindigkeit von rund :math:`\unit[28]{\frac{m}{s}}`; das entspricht rund :math:`\unit[100]{\frac{km}{h}}`. .. _Senkrechter Wurf nach oben: Senkrechter Wurf nach oben -------------------------- Wird ein Objekt senkrecht nach oben geworfen, so startet es in der :math:`z`-Richtung mit einer positiven Anfangsgeschwindigkeit :math:`v_0`; gleichzeitig wird es durch die Erdbeschleunigung in die entgegengesetzte Richtung beschleunigt. Beginnt der Vorgang wiederum zur Zeit :math:`t_0=0`, so gilt für die Geschwindigkeit :math:`v` des Objekts in Abhängigkeit von der Zeit: .. math:: v(t) = -g \cdot t + v_0 Als Annahme soll zunächst gelten, dass das Objekt in einer Höhe von :math:`s_0 = 0` abgeworfen wird. Dann gilt für den Ort :math:`s` in Abhängigkeit von der Zeit: .. math:: s(t) &= - \frac{1}{2} \cdot g \cdot t^2 + v_0 \cdot t\\ Aus den beiden obigen Gleichungen kann man die maximale Steighöhe :math:`s _{\mathrm{max}}` berechnen. Die zum Erreichen dieser Höhe benötigte Zeit :math:`t_{\mathrm{max}}` lässt sich anhand der ersten Gleichung bestimmen; an diesem Punkt ist nämlich die Geschwindigkeit des Objekts gleich Null: .. math:: v_{\mathrm{0}} - g \cdot t_{\mathrm{max}} = 0 \quad \Leftrightarrow \quad t_{\mathrm{max}} = \frac{v_0}{g} Setzt man diesen Term für :math:`t_{\mathrm{max}}` in die zweite Gleichung ein, so kann man entsprechend die maximale Steighöhe :math:`s_{\mathrm{max}}` berechnen: .. math:: s_{\mathrm{max}} &= v_0 \cdot t_{\mathrm{max}} - \frac{1}{2} \cdot g \cdot t_{\mathrm{max}}^2 \\ &= v_{\mathrm{0}} \cdot \frac{v_0}{g} - \frac{1}{2} \cdot g \cdot \left( \frac{v_0}{g}\right)^2 \\ &= \frac{\phantom{..} v_0^2 \phantom{.}}{g} - \frac{1}{2} \cdot \frac{\phantom{..}v_0^2 \phantom{.}}{g} \\[6pt] &= \frac{v_0^2}{2 \cdot g} Nach der doppelten Zeit, also :math:`2 \cdot t_{\mathrm{max}}`, kommt das Objekt wieder auf dem Boden an. Dies kann man beispielsweise überprüfen, indem man in der Weg-Zeit-Gleichung :math:`s(t) = 0` setzt und die Gleichung nach :math:`t` auflöst. (Der Luftwiderstand wird dabei vernachlässigt.) Die Wegstrecke wird beim Herunterfallen in der gleichen Weise durchlaufen wie beim Hochwerfen, nur zeitlich umgekehrt. Entsprechend ist auch die Geschwindigkeit des Objekts, sofern kein Luftwiderstand auftritt, vor Aufprall wieder gleich der ursprünglichen Geschwindigkeit :math:`v_0`. .. _Senkrechter Wurf nach unten: Senkrechter Wurf nach unten --------------------------- Kann ein geworfenes Objekt -- beispielsweise im Anschluss an einen senkrechten Wurf nach oben -- nach dem Erreichen seiner Ausgangslage weiter herab fallen, so führt ab diesem diesem Zeitpunkt einen so genannten senkrechten Wurf nach unten aus; seine Anfangsgeschwindigkeit beträgt dabei :math:`-v_0`. Für die Geschwindigkeit :math:`v` des Objekts gilt in Abhängigkeit von der Zeit :math:`t`: .. math:: v(t) = - g \cdot t - v_0 Für den Ort des Objekts gilt im zeitlichen Verlauf entsprechend: .. math:: s(t) = -\frac{1}{2} \cdot g \cdot t^2 -v_0 \cdot t + s_{\mathrm{z,0}} Das Koordinatensystem wurde ursprünglich so festgelegt, dass sich der Nullpunkt der :math:`z`-Achse in Höhe der Abwurfstelle, also in einer Höhe :math:`s_{\mathrm{z,0}}` über dem Boden befindet. Das Objekt kann beim senkrechten Wurf nach unten somit maximal die Wegstrecke :math:`\Delta s_{\mathrm{z,0}}` zurücklegen; erreicht es den Boden, so ist :math:`s(t)=0`: Damit erhält man als Gleichung: .. math:: -z_0 = -v_0 \cdot t - \frac{1}{2} \cdot g \cdot t^2 \quad \Leftrightarrow \quad \frac{1}{2} \cdot g \cdot t^2 + v_0 \cdot t - z_0 = 0 Diese quadratische Gleichung für :math:`t_{\mathrm{max}}` kann folgendermaßen mit Hilfe der Lösungsformel für quadratische Gleichungen gelöst werden: .. math:: t_{\mathrm{max}} = \frac{-v_0 + \sqrt{v_0^2 + 2 \cdot g \cdot z_0}}{g} Setzt man diese Zeit :math:`t` in die Geschwindigkeit-Zeit-Gleichung ein, so folgt für die Geschwindigkeit :math:`v` des Gegenstands unmittelbar vor dem Aufprall auf den Boden: .. math:: v_{\mathrm{max}} &= -v_0 - g \cdot \left(\frac{-v_0 + \sqrt{v_0^2 + 2 \cdot g \cdot z_0}}{g}\right) \\[5pt] &= -v_0 \;\;\; - \;\; \big( -v_0 + \sqrt{v_0^2 + 2 \cdot g \cdot z_0}\big) \\[8pt] &= - \sqrt{v_0^2 + 2 \cdot g \cdot z_0} Gilt im Speziellen für die Anfangsgeschwindigkeit :math:`v_0 = 0`, so entspricht das Ergebnis :math:`v = \sqrt{2 \cdot g \cdot z_0}` der Geschwindigkeit des Objekts beim freien Fall. .. _Waagrechter Wurf: Waagrechter Wurf ---------------- Wird ein Objekt von einer erhöhten Position :math:`s_{\mathrm{z,0}} = z_0` aus waagrecht geworfen, so bewegt er sich -- unter Vernachlässigung des Luftwiderstands -- entlang der horizontalen :math:`x`-Richtung mit seiner ursprünglichen Geschwindigkeit :math:`v_{\mathrm{0}} = v_{\mathrm{x}}` fort. In der vertikalen Richtung findet gleichzeitig eine gleichmäßig beschleunigte Bewegung entgegen der :math:`z`-Achse statt; die Anfangsgeschwindigkeit in dieser Richtung ist :math:`v_{\mathrm{z,0}} = 0`. Für den Vektor :math:`\vec{v}` der Geschwindigkeit gilt somit in Abhängigkeit von der Zeit :math:`t`: .. math:: \vec{v} = \begin{pmatrix} v_{\mathrm{x}} \\ v_{\mathrm{z}} \\ \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} v_0 \\ - g \cdot t \end{pmatrix} Die maximale Flugzeit :math:`t_{\mathrm{max}}` lässt sich aus der :math:`z`-Komponente des zurückgelegten Weges bestimmen: Gilt :math:`s_{\mathrm{z}} = 0`, so ist das Objekt auf dem Boden aufgekommen. Für die zugehörige Zeit :math:`t_{\mathrm{max}}` gilt somit: .. math:: - \frac{1}{2} \cdot g \cdot t_{\mathrm{max}} + z_0 = 0 \quad \Leftrightarrow \quad t_{\mathrm{max}} = \sqrt{\frac{2 \cdot z_0}{g}} Mit diesem Ergebnis lässt sich aus der :math:`x`-Komponente der Bewegung die maximale Wurfweite :math:`s_{\mathrm{x,max}}` bestimmen: .. math:: s_{\mathrm{x,max}} = v_{\mathrm{0}} \cdot t_{\mathrm{max}} = v_0 \cdot \sqrt{\frac{2 \cdot z_{\mathrm{0}}}{g}} .. _Schräger Wurf: Schräger Wurf ------------- Bei einem schrägen Wurf wird ein Objekt in einem Winkel :math:`\alpha` gegenüber der Horizontalen abgeworfen :math:`(0 < \alpha < 90\degree)`. Für die Komponenten :math:`v_{\mathrm{\mathrm{0x}}}` und :math:`v_{\mathrm{0z}}` der Geschwindigkeit :math:`v_0` des Objekts gilt beim Abwurf: .. math:: \vec{v}_0 = \begin{pmatrix} v_{\mathrm{\mathrm{0x}}} \\ v_{\mathrm{0z}} \\ \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} v_0 \cdot \cos{(\alpha)}\\ v_0 \cdot \sin{(\alpha})\\ \end{pmatrix} Ohne Luftwiderstand bleibt die horizontale Komponente der Geschwindigkeit unverändert. In vertikaler Richtung wird das Objekt hingegen -- wie beim senkrechten Wurf nach oben -- mit der Beschleunigung :math:`g=\unit[9,81]{m/s^2}` zum Erdmittelpunkt hin beschleunigt. Für die Geschwindigkeit :math:`\vec{v}` gilt somit in Abhängigkeit von der Zeit :math:`t`: .. math:: \vec{v}(t) = \begin{pmatrix} v_{\mathrm{x}}\\ v_{\mathrm{z}} \\ \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} v_{\mathrm{\mathrm{0x}}} \\ v_{\mathrm{0z}} - g \cdot t \end{pmatrix} Es findet also eine Überlagerung einer Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit in :math:`x`-Richtung und einer Bewegung mit konstanter Beschleunigung in :math:`z`-Richtung statt. Für die in beiden Richtungen zurückgelegten Wegstrecken :math:`\Delta s_{\mathrm{x}}` und :math:`\Delta s_{\mathrm{y}}` gilt: .. math:: \Delta \vec{s} = \begin{pmatrix} \Delta s_{\mathrm{x}}\\ \Delta s_{\mathrm{z}} \\ \end{pmatrix} = \begin{pmatrix} v_{\mathrm{0x}} \cdot t \\ v_{\mathrm{0z}} \cdot t - \frac{1}{2} \cdot g \cdot t^2 \end{pmatrix} Im Folgenden wird wiederum zunächst angenommen, dass das Objekt aus einer Höhe :math:`s_{\mathrm{0z}} = \unit[0]{m}` geworfen wird. Wie beim senkrechten Wurf gilt dann für die Zeit :math:`t`, in welcher der Körper die maximale Steighöhe :math:`s_{\mathrm{z,max}}` erreicht: .. math:: v_{\mathrm{0z}} - g \cdot t_{\mathrm{z,max}} = 0 \quad \Leftrightarrow \quad t_{\mathrm{z,max}} = \frac{v_{\mathrm{0z}}}{g} Setzt man diese Zeit in die Bewegungsgleichung für die :math:`z`-Komponente ein, so folgt für die maximale Steighöhe :math:`s_{\mathrm{z,max}}`: .. math:: s_{z,\mathrm{max}} = v_{\mathrm{0z}} \cdot \frac{v_{\mathrm{0z}}}{g} - \frac{1}{2} \cdot g \cdot \left( \frac{v_{\mathrm{0z}}}{g} \right)^2 = \frac{v_{\mathrm{0z}}^2}{g} - \frac{1}{2} \cdot g \cdot \frac{v_{\mathrm{0z}}^2}{g^2} = \frac{v_{\mathrm{0z}}^2}{2 \cdot g} .. Wird der Gegenstand aus einer Höhe :math:`h=0` abgeworfen, so ist die Wurfweite .. am höchsten, wenn :math:`\alpha = 45\degree` ist. Die Wurfweite :math:`s_{\mathrm{x}}` .. beträgt in diesem Fall Die Wurfbahn ist (ohne Luftwiderstand) parabelförmig und damit symmetrisch; die Zeit bis zum Aufprall auf dem Boden muss somit doppelt so lang sein wie die Zeit :math:`t_{\mathrm{z,max}}` zum Erreichen der maximalen Steighöhe. In dieser Zeit erreicht das Objekt in horizontaler Richtung folgende Entfernung: .. math:: s_{\mathrm{x,max}} = v_{\mathrm{0x}} \cdot (2 \cdot t_{\mathrm{z,max}}) = v_0 \cdot \cos{\alpha} \cdot 2 \cdot \frac{v_0 \cdot \sin{\alpha}}{g} = \frac{v_0^2 \cdot 2 \cdot \sin{\alpha} \cdot \cos{\alpha}}{g} = \frac{v_{\mathrm{0}}^2 \cdot \sin{(2 \cdot \alpha)}}{g} Hierbei wurde im letzten Rechenschritt das Additionstheorem für Sinus-Funktionen genutzt. Die Wurfweite ist also -- ebenfalls wie die Wurfhöhe -- vom Wurfwinkel :math:`\alpha` abhängig. Für :math:`\alpha = 45\degree` ist im obigen Fall :math:`\sin{(2 \cdot \alpha)} = \sin{(90 \degree)} = 1` und somit die Wurfweite maximal :math:`(s_{\mathrm{x \, max,45\degree}} = \frac{v_0^2}{g})`.